Die Tweets des US-Präsidenten lassen harte Auseinandersetzungen erwarten: Die Militärausgaben der Nato-Partner seien viel zu niedrig und die EU nutze die USA aus, schreibt er. Da werde sein erstes Treffen mit Putin sogar „womöglich das leichteste von allen“ sein.

Washington - US-Präsident Donald Trumps Ankunft in Brüssel ist nicht von warmen Worten begleitet worden. Am Tag vor dem Nato-Gipfel am Mittwoch griff er das 69 Jahre alte Bündnis abermals an. Die anderen Mitglieder zahlten nicht genug für die Allianz, wiederholte er bereits bekannte Kritik via Twitter. Der Präsident beklagte, die Europäische Union mache es Landwirten und Unternehmen aus den USA unmöglich, dort Geschäfte zu treiben. Zugleich wollten sie, dass die USA sie glücklich verteidigten und dafür bezahlten. „Das funktioniert nicht!“, schrieb er.

 

Trump hat bereits mehrfach das Handelsbilanzdefizit seines Landes mit der EU beklagt, das bei 151 Milliarden Dollar liegt. Davon unabhängig sind die Nato-Mitgliedsbeiträge zu betrachten, die jedes Land nach der Größe seiner Volkswirtschaft entrichtet. Die USA haben demnach mit 22,1 Prozent den größten Anteil. Darauf folgen die vier europäischen Mitglieder Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien, die gemeinsam 43,8 Prozent der Gesamtsumme leisten.

Keine Hinweise auf säumige Mitgliedsländer

Anders als Trump in einem Tweet behauptete - er sagte, manche Länder hätten seit Jahren nicht in die Nato-Kasse eingezahlt - ist nicht bekannt, dass ein Mitglied mit Zahlungen im Rückstand ist. Auf dem Flug nach Belgien legte er zudem nahe, von anderen Nato-Staaten möglicherweise eine Entschädigung fordern zu wollen. Es gibt aber keine Schulden bei den USA oder der Nato: 2014 vereinbarten die Mitgliedsländer lediglich, ihre Verteidigungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt langfristig auf zwei Prozent anheben zu wollen. Es gab keine direkte Zahlung an die Nato oder eine den Vereinigten Staaten geschuldete Summe.

Nach seiner Teilnahme am Nato-Gipfel am Mittwoch stehen weitere Aufenthalte in Europa an. In der kommenden Woche soll er den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Finnland treffen. Diese Zusammenkunft werde „womöglich die leichteste von allen“ sein, mutmaßte er vor dem Abflug.

EU-Ratspräsident Donald Tusk richtete in Erwartung eines womöglich größeren Flurschadens in den Beziehungen mit den USA eine deutliche Mahnung an Trump: Es sei „immer gut zu wissen, wer dein strategischer Freund und wer dein strategisches Problem ist“. Tusk verwies darauf, dass die Verteidigungsausgaben der Europäer höher seien als die Russlands und ebenso hoch wie die Chinas. Bei der Unterzeichnung einer EU-Nato-Erklärung an der Seite von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte Tusk auch: „Liebes Amerika, schätze Deine Alliierten, schließlich hast Du nicht so viele davon.“

Von Brüssel reist Trump nach London

Von Brüssel reist Trump im Anschluss an den Gipfel nach London weiter, wo die Regierung von Premierministerin Theresa May gerade von Brexit-Querelen durcheinandergewirbelt wird. Trump sagte, er werde sich vielleicht trotzdem mit dem deswegen gerade zurückgetretenen Außenminister Boris Johnson treffen. Nach einem Abstecher nach Schottland geht es zum Abschluss zum Treffen mit Putin nach Helsinki.

Er könne noch nicht sagen, ob der russische Präsident ein Freund oder Gegner sei, sagte Trump. „Ich denke, dass es eine gute, und nicht eine schlechte Sache ist, mit Russland zurechtzukommen, mit China, mit anderen.“ Putin sei ein „Konkurrent“.

Mit Blick auf das bevorstehende Treffen unter vier Augen äußerte sich der demokratische Minderheitsführer im US-Senat besorgt. Er habe Angst vor dem, was Trump ohne Berater, die ihn stoppen, preisgeben könnte, sagte Chuck Schumer am Dienstag. Als der Präsident mit den Staatschefs von China und Nordkorea zusammengetroffen sei, hätten diese ihn über den Tisch gezogen. Noch schlimmer sei es, wenn Trump sich mit einem „sehr, sehr cleveren Mann“ wie Präsident Putin treffe, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht sei, sagte Schumer.