Natürliche Intelligenz ist immer noch das beste Mittel gegen die künstliche Dummheit vieler Roboter und Algorithmen.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Das Adjektiv „künstlich“ löst bei vielen eher negative Assoziationen aus. Kaum jemand will zum Beispiel Lebensmittel kaufen, auf denen der Hinweis „mit künstlichen Aromastoffen“ prangt. Künstliche Zimmerpflanzen aus Kunststoff sind auch nichts, um das sich die Leute reißen würden. Und wer sich ständig künstlich aufregt, ist bei seinen Mitmenschen schnell untendurch. Eine Ausnahme bildet in jüngerer Zeit die Kombination der Begriffe „künstlich“ und „Intelligenz“. Die dadurch entstehende Künstliche Intelligenz (KI) verursacht zumindest bei fortschrittsbegeisterten Zeitgenossen vor Begeisterung leuchtende Augen, wie sie sonst in der Altersgruppe der Acht- bis Zwölfjährigen zu beobachten sind.

 

KI gilt vor allem bei den Unternehmen, die damit eine Menge Geld verdienen wollen, als universelles Werkzeug, das über kurz oder lang alle unsere Probleme lösen wird – vom Klimawandel über die Welternährung bis hin zu Krankheiten und Armut. So abwegig ist die Idee vielleicht gar nicht. Denn die derzeitige Lage der Welt ist nicht zuletzt darauf zurückführen, dass die Hard- und Software unseres Denkapparats zu wesentlichen Teilen aus der Steinzeit stammt – und mit unserer komplexen Welt zunehmend überfordert ist. Oder kennen Sie nicht das Gefühl, überhaupt nicht mehr durchzublicken?

Von Bananen und Toastern

Angesichts der Probleme, die Roboter und Algorithmen bei der Bewältigung einfachster Alltagsaufgaben haben, stellt sich allerdings die Frage, ob die Maschinen wirklich so schlau sind, wie manche glauben. So sind viele Roboter nach wie vor zu doof, eine Tür zu öffnen, hindurchzugehen und wieder zu schließen, ohne dabei umzufallen. Und Bilderkennungsprogramme erfassen oft völligen Unsinn, wenn sie durch irgendwelche Störfaktoren irritiert werden, etwa durch einen kleinen Aufkleber mit wirren Farbklecksen. Klebt man so einen Sticker neben das Bild einer Banane, glauben manche Systeme plötzlich einen Toaster zu erkennen. Ein Mensch lässt sich von derart marginalen Abweichungen nicht aus dem Konzept bringen und sieht weiterhin eine Banane. Es gibt also durchaus noch Situationen, in denen natürliche Intelligenz der künstlichen Dummheit der Maschinen überlegen ist. Aber wie lange wird das noch so bleiben?

Die Uni Ulm hat kürzlich einen KI-Algorithmus vorgestellt, der die Zeichen von Steinmetzen in Computerlogos verwandelt und daraus moderne digitale Kunstwerke schafft – sozusagen künstliche Kunst. „Was soll daran bitte neu sein?“, lästern Kunstbanausen. Schließlich sehen manche Schöpfungen moderner Künstler schon bisher so aus, als seien sie das Werk eines Zufallsgenerators. Legendär sind auch die Erfolge talentierter Schimpansen auf dem Gebiet der zeitgenössischen Malerei.

Tütensuppen als Vorbild

Aber hier geht es nicht um Kunst, sondern um die Zukunft der KI. Trotz zahlreicher Anlaufschwierigkeiten sind die meisten Fachleute überzeugt, dass schlaue Maschinen zunehmend Eingang in unseren Alltag finden werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es wirklich so geschickt ist, von Künstlicher Intelligenz zu reden. Der Begriff könnte bei weniger technikbegeisterten Menschen Ängste auslösen und so der digitalen Revolution von Wirtschaft und Gesellschaft einen empfindlichen Dämpfer versetzen. Vielleicht sollten die IT-Freaks sich ein Beispiel an den Tütensuppenherstellern nehmen. Die haben schon vor Jahren die schlecht beleumundeten „künstlichen Aromen“ durch „naturidentische Aromen“ ersetzt. Wer noch mehr ausgeben will, greift statt zur naturidentischen Intelligenz gleich zur Bio-Intelligenz – entwickelt von artgerecht gehaltenen, naturschlauen IT-Experten aus dem Nesenbach Valley und abgespeichert auf regionalen Bio-Chips aus Baden-Württemberg.