Die Naturscouts des Naturschutzbunds Stuttgart lauschen den Waldkauzen im Rotwildpark. Sie sehen ihn zwar nicht, aber dafür hören sie ihn.

Büsnau - Da! Hört ihr es?“ Dieter Deininger blickt in den Wald, dessen kahle Bäume sich wie ein Scherenschnitt vor dem immer dunkler werdenden Abendhimmel abheben. Es ist der Käuzchenruf, ein „huhuuuu“, nach wenigen Sekunden wiederholt, diesmal aber mit einem leichten Tremolo. „Ein Waldkauz-Männchen“, sagt der Eulenexperte.

 

Deininger ist an diesem Sonntagnachmittag mit den Naturscouts des Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Gruppe Stuttgart, unterwegs. Die Gruppe gibt es seit 2012 und richtet sich an Jugendliche, die Interesse an der Natur haben und sich in diesem Bereich fortbilden wollen.

Für den 15-Jährigen Juliano war es das Interesse an der Natur, das ihn zu der Gruppe gebracht hat. Jana (17) ist gerne draußen und hat Interesse an Kindergruppen. Und Marysia (15) hat Interesse an Tieren und Pflanzen und lernt gern neue Leute ken-nen. „Es hat mir von Anfang an gefallen“, sagt sie und hofft, dass noch weitere Jugendliche dazu stoßen. Die Leiterin der Naturscouts ist die Diplom-Biologin und Naturpädagogin Christine Schneider, die Spaß an der Arbeit mit den Jugendlichen hat. Es ist kalt, der Regen gerade abgezogen, und die Feuchtigkeit liegt wie ein feiner Schleier in der Waldluft. Heißer Tee wärmt, Kekse stärken. Deininger ist zufrieden mit dem, was er bisher gehört hat. „Es ist noch recht früh im Jahr“, sagt er. Normalerweise würden die Rufe, mit denen die Männchen das Revier markieren, erst im Februar durch den Wald hallen. „Der Winter war bisher sehr warm“, erklärt er die zeitigen Laute der nächtlichen Jäger. Da kommt die Natur schon einmal durcheinander. An die Uhrzeit halten sich die Vögel immerhin. „Sie rufen im Normalfall erst eine Viertelstunde nach Sonnenuntergang. Verstummen dann aber bald wieder. Schließlich müssen sie auf die Jagd gehen – oder besser: fliegen.“

Bei der Jagd hilft dem Waldkauz der lautlose Flug

Der Waldkauz, von dem einige Paare im Rotwildpark im Süden Stuttgarts leben, stellt vor allem kleinen Nagetieren nach, verschmäht aber auch Vögel nicht, die er im Schlaf überrascht. Dabei hilft ihm der lautlose Flug, mit dem er sich seiner Beute ungehört nähern kann. „Die Federn an den Armschwingen haben eine ganz besondere Form, sind außerdem mit kleinen, geräuschdämpfenden Daunen ausgestattet“, erklärt der Hobby-Ornithologe diese Fähigkeit des Eulenvogels. Und noch etwas zeichnet Eulen wie den Waldkauz aus: ihr Gehör, durch das sie mit Hilfe von Schalltrichtern die Beute genau orten können.

Der pensionierte Lehrer kennt sich gut aus im Rotwildpark. Die Wege sind jetzt nur noch schemenhaft zu erkennen. Zielsicher steuert er ein weiteres mögliches Revier eines Waldkauzes an. Und auch hier ist der charakteristische Ruf zu hören. Mehrmals sogar. Ein weiterer Ruf, diesmal aus einer anderen Richtung. „Vermutlich ein Weibchen“, sagt Deininger.

Der Vogelkundler ist fasziniert von den Tieren. „Es sind außergewöhnliche Vögel.“ Sie sind nicht leicht zu beobachten, was den Reiz ausmache. „Sie haben einfach etwas Geheimnisvolles“, ergänzt Dieter Deininger. Er ist froh, dass die Tiere nicht nur, aber auch im Rotwildpark einen sicheren Lebensraum haben, ihre Zahl stabil ist. Denn das ist leider nicht selbstverständlich. „Früher wurde der Kauz gejagt und an Scheunentore genagelt“, sagt er und schüttelt den Kopf. Der Vogel galt als Unglücks-, sogar als Todesbote.

Der Ruf verbreitet heute keine Todesangst mehr

Der „Kuwitt“-Ruf des Weibchens, der auch als „Komm mit“ verstanden wurde, verbreitet heute jedoch keine Todesangst mehr, lässt allenfalls einen leichten Schauer über den Rücken huschen. Aber der gehört vielleicht zu einem nächtlichen Waldspaziergang dazu.