Bei einer Wanderung wollen die Naturfreunde zeigen, welches Potenzial auf der Markung der Stadt Weinstadt ungenutzt unter der Erde schlummert.

Mineralwasser - Durch die Nutzung ihrer Mineral- und Thermalwasservorkommen könnte die Stadt beim Betrieb neuer Schwimmbäder Energie und Geld sparen, meinen die Naturfreunde. Thomas Kronenberg vom Verein erklärt die Hintergründe.

 

Herr Kronenberg, um welche Bodenschätze geht es bei der angekündigten thematischen Wanderung der Naturfreunde – was birgt der Weinstädter Untergrund?

Es geht um drei Bodenschätze, Mineral- und Thermalwasser sowie die Nutzung von Erdwärme für die Nahversorgung durch die Stadtwerke. Weinstadt gehört neben Bad Cannstatt zu dem Gebiet mit dem zweitstärksten Vorkommen an Mineralwasser in ganz Europa. An erste Stelle steht Budapest. Wie ergiebig bei uns das Vorkommen ist, das haben auch die Abfüllzahlen des inzwischen geschlossenen Unternehmens Remstal-Sprudel gezeigt, das 100 000 Flaschen pro Stunde befüllt hat. Warum also Wasser 120 Kilometer herleiten, wenn man in nur eineinhalb Metern Tiefe erdoberflächennah Mineralwasser hat? Auch für eine Thermalquelle muss man gar nicht tief bohren. Ein Beispiel: In Esslingen etwa ist man für das Merkelsche Bad in 165 Metern Tiefe auf mehr als 28 Grad Celsius warmes Wasser gestoßen und konnte bereits im Jahre 2005 etwa 70 000 Euro an Energie- und Wasserkosten sparen. In Weinstadt fließt es ungenutzt die Rems herunter. Der Schatz bleibt bislang ungehoben.

Wodurch kommt es, dass Weinstadt mit Mineral- und Thermalwasser so beschenkt ist, wie Sie sagen?

Entlang der Rems verläuft der Remstalgrabenbruch in einer bis zu zwei Kilometer breiten Zone. Als dieser einst vor Urzeiten entstanden ist, war dies vielleicht ein Unglücksfall. Heute hat man aber beste Möglichkeiten leicht und kostensparend Mineral- und Thermalwasser für die Bevölkerung nutzen zu können. Wenn man das nicht beachtet und dem nicht weiter auf den Grund geht, sage ich als Betriebswirt, macht man möglicherweise einen Granatenfehler.

Wie könnte Weinstadt seine Bodenschätze besser nutzen?

Da das Mineralbad Cabrio vor Jahren geschlossen wurde, haben wir dafür zwei Bäder im Sinn. Für ein neues, zentrales Naturfreibad im Bereich Seewiesen von Großheppach kann man in erster Linie auf Mineralwasser zurückgreifen, das schon mit etwa 17 Grad Celsius an die Oberfläche kommt und warmes Thermalwasser zur Verlängerung der Hauptsaison beimengen. Unweit von Benzach könnte man auch auf Thermalwasser stoßen und hätte dann den Standortvorteil der kurzen Wege für das Schulzentrum und bereits vorhandene Parkplätze. Das Thermal-Sportbad sollte aber mindestens sechs Bahnen haben. Je nach Tagesverlauf und Bedarf für Schulen und Vereine vier und mindestens immer zwei für die Bevölkerung. Die kommt bei dem in die Jahre gekommenen Stiftsbad viel zu kurz. Da seit 2009 die Remstalquellen geschlossen wurden, bestehen auch keine Konzessionen mehr, die die Nutzung von Erdwärme für die Nahversorgung verhindern würden. Eine in unseren Augen hervorragende Möglichkeit, den Energiemix der Stadtwerke zu komplettieren.

Wenn die Vorteile für solch eine Nutzung auf der Hand liegen, weshalb hat die Stadt Ihrer Meinung nach Ihre Thermal- und Mineralwasservorkommen bisher nicht dafür verwendet?

Vor vier bis fünf Jahren sind wir mit dem Thema schon einmal beim damaligen Oberbürgermeister vorstellig geworden und konnten im Technischen Ausschuss dies auch vortragen. Für gute Ideen ist es manchmal ein langer Weg. So ist zunächst die Remstal-Gartenschau im Vordergrund gestanden. Unsere Ideen und Vorschläge sind neutral und überparteilich. Wir hoffen, dass sie an Echo und Zuspruch in unserer Stadt gewinnen.

Warum wollen Sie als Naturfreunde gerade dieses Thema befördern?

Weil die Förderung von Thermal- und Mineralwasser nachhaltig, kostensparend und im Einklang mit der Natur ist. Weil viel weniger, nicht erneuerbare Energie dafür verwendet werden muss, wie bei einem herkömmlichen Bad. Das ist uns als Naturfreunde wichtig. Zumal wir in unserem Naturfreundehaus seit Jahrzehnten gute Erfahrung mit den unterschiedlichsten, alternativen Energieträgern haben. Weinstadts Bodenschätze für Schwimmbäder zu nutzen, ist letztlich nur eine Fortführung unserer Idee. Außerdem schont es die Umwelt und Nerven, wenn Familien dafür nicht nach Bad Cannstatt, Waiblingen oder nach Schorndorf ins Oskar-Frech-Seebad fahren müssen. Auch sehe ich hier für Weinstadt und sein Stadt-Marketing ein gutes Entwicklungspotenzial. Zumal Weinstadt, wie kaum eine andere umliegende Gemeinde, durch diese „kostenlosen Bodenschätze“ gesegnet ist. Naturwasser ist immer ein besonderes Erlebnis und angenehm für die Haut. Mit einem regenerativen Pflanzbereich und Sandstränden, sinken nicht nur die Folgekosten, sondern es ergeben sich schöne Gestaltungsmöglichkeiten.