Naturfrevel im Strohgäu und Raum Leonberg Bäume im Wald mutwillig umgesägt

Seit Wochen werden im Altkreis Leonberg Bäume zerstört. Allein der Sachschaden geht inzwischen in die Zehntausende. Polizei und Förster sind ratlos ob der Motivation des Täters. Ende vergangener Woche fielen erneut Buchen und Eichen. Die Bäume waren zum Teil 150 Jahre alt.
Ditzingen/Leonberg - Niemand hat etwas gesehen, keiner hat etwas gehört. Die Polizei, der Förster – alle sind sie ratlos. Erneut hat ein Unbekannter Ende vergangener Woche mehrere Bäume im Heimerdinger Wald gefällt, die meisten von ihren waren rund 150 Jahre alt. „Die Motivation, warum man so etwas tut, ist völlig schleierhaft. Man kann sich keinen Reim darauf machen“, sagt Peter Widenhorn, der Sprecher der Ludwigsburger Polizeidirektion. „Es ist rätselhaft“, sagt der Revierförster Steffen Frank. Allein der Schaden an den rund 20 Bäumen – ihr rein materieller Wert – wird inzwischen mit insgesamt 20 000 Euro angegeben.
Zum wiederholten Mal
Es ist das vierte Mal, dass der oder die Täter zum Teil bis zu 150 Jahre alte Bäume zerstören. mit der Kettensäge fällen. Ob es sich um mehrere Täter handelt, ist unklar. „Man kann es nicht ausschließen“, sagt Polizeisprecher Widenhorn. Ebenso unklar ist, ob es sich um den- oder dieselben Täter handelt, auch wenn man angesichts „derselben Art und Weise“ davon ausgehen könne. Möglicherweise, so Widenhorn weiter, seien inzwischen aber auch Trittbrettfahrer darunter.
Die Spurenlage ist dünn, Zeugenhinweise gibt es nicht. Klar ist derweil nur eines: Es sind keine Profis. „Teilweise setzten der oder die Täter mehrfach mit der Kettensäge an“, so die Polizei. Der Förster bestätigt diesen Eindruck
Zuletzt hatte der Unbekannte zwischen Donnerstagnachmittag und Freitagmittag im Heimerdinger Eichwald zugeschlagen. Zwei Buchen, zwei Eichen, zwei Waldkirschen und eine Douglasie fielen, allesamt zig Meter hoch. Der Schaden: 6000 Euro.
Der materielle Schaden ist das eine. Der Schaden an der Natur und für die Menschen das andere. Die gesunden Bäume – darunter die hitzeresistente Douglasie – fallen zu einem Zeitpunkt, da der Wald ohnehin von Trockenheit geplagt sei, sagt Revierförster Frank. Aber „jeder Baum hat auch ideellen Wert“.
Im jüngsten Fall fiel eine Buche auf eine Rosskastanie, die an einem exponierten Ort stand, gepflanzt von einem inzwischen verstorbenen Jägerkollegen. „Ein Traum von Baum“, sagt Frank über den wohl gewachsenen Baum mit seinen feinen Blüten in zarten Farben. Die Rosskastanie wurde so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass der Baum laut Steffen Frank nicht mehr zu retten sei. „Auch er ist nun hinüber.“
Der Wald – mehr zum Thema lesen Sie hier
Der oder die Täter ließen die Bäume nach dem Fällen einfach liegen – so wie in allen vorangegangenen Fällen. Der erste Fall datiert von Anfang September. Am Alemannenweg in Heimerdingen wurden drei Bäume gefällt. Dabei fiel auf, dass mehrere Hundert Meter entfernt schon Wochen zuvor illegal ein Baum gefällt worden war. Drei Tage später wurden im Gewann Steigwald zwischen Hemmingen und Eberdingen acht Bäume gefällt, sechs Buchen, eine Eiche und eine Fichte. Die Eiche war rund 150 Jahre alt. Sechs Tage später fielen abermals drei Bäume, dieses Mal am Waldrand parallel zur Bundesstraße 295 zwischen der Ausfahrt Warmbronner Ohr und dem Renninger Naturtheater. Gefällt wurden: Eine Rotbuche, eine Traubeneiche und eine Douglasie. Betroffen war der Waldbestand im Staatswald „Meisenberg“ auf Renninger Gemarkung und im Leonberger Stadtwald.
In allen Fällen fielen die Bäume größtenteils auf Waldwege. Verletzt wurde dabei niemand, zumindest kein Unbeteiligter, kein Spaziergänger. Der oder die Täter müssten demnach im Licht der Autoscheinwerfer oder von anderem Kunstlicht an den zum Teil viel genutzten Wegen aktiv gewesen sein, vermutet Revierförster Frank. Ob es einen Zusammenhang zwischen den Fällen gibt, ist unklar. Das einzige, was die Bäume wenn überhaupt eint, ist der Standort. „Sie standen immer im Bereich von Wegen oder Wegkreuzungen.“
Kein vergleichbarer Fall bekannt
Steffen Frank arbeitet seit rund drei Jahrzehnten in dem Revier, doch er sagt, er kenne keinen vergleichbaren Fall, auch nicht unter Kollegen. Dass Jugendliche mal mit dem Handbeil im Wald seien, „um sich zu beweisen oder um eine Mutprobe zu bestehen“ – das gebe es schon mal. „Aber das ist etwas anderes.“
Auch der Polizei ist ein solcher Vorfall bisher nicht untergekommen. „Das habe ich noch nie gehört", sagt deren Sprecher Peter Widenhorn. Dass ein Nachbar mal zur Säge greife, weil der Baum Blätter auf sein Grundstück abwerfe oder aber Schatten werfe – das sei alles schon vorgekommen. Doch das? Zumal der Täter das Holz stets zurückließ, er es auf Brennholz also offenbar nicht abgesehen haben kann. Die Forstarbeiter werden das Holz der Stämme nun verarbeiten.
Die Stadt Ditzingen hat nach dem jüngsten Vorfall Anzeige erstattet. Die Polizei ermittelt weiter. Sie setzt zudem auf Hinweise von Zeugen und aufmerksamen Bürgern. Sie bittet darum, sich an das Polizeirevier in Ditzingen unter der Telefonnummer 0 71 56/4 35 20 zu wenden – oder aber, so Widenhorn, in diesem Fall gleich den Notruf 110 zu wählen.
Der Revierförster trägt seinen Teil dazu bei, den oder die Täter ausfindig zu machen. Doch im Wesentlichen ist er zum Zuschauen verdammt. „Es ist absolut sinnlos“, sagt Steffen Frank. „Wortwörtlich: es ist ohne Sinn.“
Unsere Empfehlung für Sie

Volkshochschulen im Strohgäu Zuversicht trotz schlechter Zahlen
Neues Semester, neues Glück: Die Volkshochschulen in Gerlingen und Korntal-Münchingen haben ihr neues Programm herausgebracht. Die Macher sind optimistisch, dass sie bald wieder den Präsenzbetrieb aufnehmen können. Bleibt noch die Frage, wie es nach dem Seuchenjahr finanziell aussieht?

Zwischen Heimunterricht und Homeoffice Schule im Wohnzimmer und am Esstisch
Familie Kara aus Hemmingen hat zwei Kinder – die wegen der Pandemie nun zuhause lernen müssen. Darin haben sie mittlerweile viel Übung – auch wenn das Leben zwischen Heimunterricht und Homeoffice nicht immer leicht ist.

Coronavirus Testaktion – ein Happening auf große Distanz
Kurz vor dem Treffen mit der betagten Verwandtschaft zum Weihnachtsfest bietet das Land die Möglichkeit an, sich auf das Coronavirus zu testen. Die kreisweit größte Aktion findet in Ditzingen statt. Dort herrscht eine Stimmung, die keiner erwartet hat.

Musikwettbewerb in Ditzingen fällt aus Jugend musiziert dieses Jahr nicht in der Region
Das Schulzentrum in der Ditzinger Glemsaue wird dieses Jahr kein Ort für Nachwuchsmusiker des Landkreises. Wegen Corona fällt der Regionalentscheid aus.

Neckarufer in Ludwigsburg Schrei löst große Suchaktion aus
Weil ein Mensch in den Neckar gefallen sein könnte, starten Einsatzkräfte am Sonntagabend eine groß angelegte Suchaktion. Ein Hubschrauber kann wegen der schlechten Witterung nicht starten, deshalb rückt eine Spezialeinheit der Feuerwehr an.

Schwerverletzter in Freiberg/Neckar Lastwagen bringt Rollerfahrer zu Fall
Bei einem Überholmanöver touchiert ein Lastwagen am Montagnachmittag einen Rollerfahrer. Der 53-Jährige kommt mit seinem Zweirad zu Fall – und wird schwer verletzt.