Früher ein Ausstellungsort für ausgestopfte Tiere, heute ein digital-moderner Platz, an dem nicht nur die Besucher viel erleben dürfen, sondern auch die Wissenschaftler forschen. Johanna Eder hat das staatliche Museum für Naturkunde modernisiert, nun geht sie in Ruhestand.

Stuttgart - Die Koffer sind gepackt, von den Sauriern hat sie sich vermutlich verabschiedet. Johanna Eder, deren Idiom sie auch nach 18 Jahren in Stuttgart sehr deutlich als Österreicherin erkennen lässt, verlässt die Stadt, die Chefin des staatlichen Naturkundemuseums geht in den Ruhestand.

 

Von Montag an übernimmt ihr bisheriger Stellvertreter Professor Lars Krogmann interimsweise die Geschäfte des Museums. Der spätere Nachfolger, das freut die scheidende Chefin besonders, übernimmt dann nicht nur das Museum, sondern erhält eine Professur an der Universität Hohenheim. Das sei nämlich eines der dicken Bretter gewesen, die sie in ihrer Zeit gebohrt habe, dass man die Museen als Forschungseinrichtung und Kultureinrichtung gleichermaßen betreibe, für Wissenschaftler wie für völlig unbedarfte Besucher.

Studenten machen Abschlussarbeiten im Museum

Als Johanna Eder im Jahr 2002 die Leitung übernommen hat, war dies noch nicht so. Spötter empfanden die Museen damals eher als Ausstellung von ausgestopften Tieren, die im Fachjargon Dermoplastiken heißen. Damals seien aber bereits erste Entwicklungen vorangetrieben worden, will die Professorin nicht alle Meriten einstreichen. In der Folge habe sie das Haus aber eindeutig internationalisiert. Vor allem die Zusammenarbeit mit der Uni Hohenheim sei extrem wichtig. Zwei Professuren gibt es mittlerweile, die sowohl für das Naturkundemuseum als auch in der Lehre der Universität im Einsatz sind. Dadurch gibt es zum Beispiel Studenten, die „ihre Abschlussarbeiten bei uns machen“, sagt Johanna Eder. Und den Nachwuchs zu fördern, das sei ihr ebenfalls sehr wichtig, dadurch hätte man ein unheimliches Potenzial.

Wie sehr die wissenschaftliche Arbeit an Bedeutung zugenommen hat, zeigt sich allein an den Zahlen: Allein 150 Gastforscher aus aller Welt waren in einem Jahr in Stuttgart, ihre Mitarbeiter publizierten in vielen Fachzeitschriften. Die Sammlungen habe sie nicht nur um zehn Prozent auf nunmehr zwölf Millionen Objekte erweitert, diese hätten auch einen internationalen Ruf. Wie ein Beispiel zeigt, das Johanna Eder gerne erzählt: Eine Wissenschaftlerin aus Straßburg hat für eine Sammlung mit 50 000 Objekten nach einem geeigneten Museum gesucht, eine bedeutende Sammlung mit Stücken aus der Grenze von Perm und Trias.

Dafür sei sie um die ganze Welt gereist. Am Ende ging die Sammlung an das Naturkundemuseum in Stuttgart.

Die Saurier-Ausstellung war ein Publikums-Hit

Neben der wissenschaftlichen Seite ging es Johanna Eder auch um den Publikumserfolg, auf die Landesausstellung zu den Sauriern, ein absoluter Publikums-Hit, sei sie heute noch stolz, ebenso auf Ausstellungen wie die Naturdetektive und das Leben im Bernsteinwald. Immerhin ist es der Paläontologin gelungen, die Museen bei der Gunst der Stuttgarter unter den Top-Fünf zu halten mit rund 250 000 Besuchern im Jahr.

Da ist es schon ein bisschen ärgerlich, dass sie den nächsten Schritt nun nicht mehr miterlebt: Das Löwentormuseum wurde zuletzt wieder bis in den Herbst komplett erneuert. Mit modernsten Methoden könne man dort nun 250 Millionen Jahre Erdgeschichte erleben, „absolut zeitgemäß“. Nur eben zur falschen Zeit, denn die Vollendung erfolgte just vor dem Lockdown, Besucher gab’s noch keine.

Da sie ihre Zelte nicht komplett abbricht in Stuttgart, wird sie den Erfolg später aber noch miterleben dürfen. Denn als ehrenamtliche Mitarbeiterin bleibt die Professorin dem Museum erhalten. Zudem lehre sie weiter an der Universität Hohenheim. Was sie an Stuttgart am meisten geschätzt hat? „Die große Vielfalt an Natur in dieser schönen Schichtstufenlandschaft“, sagt Johanna Eder, „und natürlich das sehr vielfältige Kulturleben in Stuttgart.“ Wobei Wien, wovon sie künftig nicht weit entfernt wohne, auch was zu bieten habe. Nur die Maultaschen, die sie lieben gelernt hat, muss sie von ihren Besuchen mit nach Österreich bringen.