Mit dem Obst- und Gartenverein bauen Werkrealschüler ein Insektenhotel – eine neue Bleibe für Wildbienen, Fliegen und anderes Getier. Davon profitieren aber nicht nur die Insekten, sondern auch die Macher.

Ditzingen - Wofür ist so ein Insektenhotel eigentlich gut? „Immer mehr Wiesen verschwinden, und deshalb werden auch die Insekten verdrängt“, erklärt Marcel Keller. Seine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen und zeigt: Der 15-Jährige hat schnell begriffen, dass der riesige Holzbau, an dem er und seine Mitschüler seit vier Monaten herumrechnen, sägen, hämmern und bohren, mehr ist als nur ein Schulprojekt. Während der Werkrealschüler also erklärt, dass man die Löcher, in die sich Bienen und Fliegen später verkriechen sollen, unbedingt abschleifen muss, weil die sich sonst nicht einnisten, bohren und schwitzen hinter ihm seine Mitschüler in der sengenden Hitze.

 

„Wir wollen bis zum Jubiläumsfest des Gartenbauvereins im Oktober damit fertig sein“, sagt Steffen Beesch. Der Klassenlehrer unterrichtet auch das Wahlpflichtfach „Natur und Technik“ an der Theodor-Heuglin-Schule. Weil der Bau einer solchen Holzkonstruktion seine Schüler herausfordert und dabei gleichzeitig noch nachhaltig ist, freut sich Beesch umso mehr über die Zusammenarbeit mit dem Obst- und Gartenbauverein in Ditzingen. Im Zuge des Projekts soll ein riesiges Insektenhotel aus Holz entstehen, das später auf dem Wildobst-Lehrpfad an der Calwer Straße stehen soll. „Wir haben schon vier Bienenvölker auf dem Pfad, aber ein Insektenhotel haben wir uns schon seit längerer Zeit gewünscht“, sagt Annegret Pröpper-Zipperer vom Obst- und Gartenbauverein.

Kleine Wohnkammern für Honigbienen und Fliegen

Die 64-Jährige ist an diesem Tag zu Besuch gekommen und ist beeindruckt vom Wissen und handwerklichen Geschick der Schüler, von denen sie hofft, viele bei der Einweihung des Insektenhotels Anfang Oktober wieder zu sehen. Noch aber bohren die angestrengt und konzentriert Löcher in dicke Balken. Das Holz stammt von der Zimmerei Volker Renninger und weil das Material kostbar ist, weist Lehrer Beesch seine Schüler immer wieder an, genau nachzumessen.

Die meisten der Jugendlichen wollen später eine Ausbildung machen. Kein Wunder also, dass das praktische Arbeiten im Werkunterricht den ehrgeizigen Jungen ziemlich gut gefällt. Bevor sie überhaupt zu Nagel und Hammer greifen durften, haben sie wochenlang Baupläne erstellt und gelernt, wofür so ein Insektenhotel eigentlich gut ist. Damit das später von den Insekten auch tatsächlich bezogen wird, müssen die Balken perfekt zusammenpassen, um ein schachbrettartiges Muster zu ergeben – die kleine Wohnkammern des Hotels. „Neben Honigbienen und Fliegen werden auch andere Insekten sicher sofort einziehen“, sagt Pröpper-Zipperer.

Die sanfte aber wichtige Arbeit der Gartenbauer

Sie ist begeistert von dem Insektenhotel und hofft insgeheim, die Jugend neugierig auf die Arbeit ihres Vereins zu machen. Die besteht unter anderem darin, gemeinsam mit 219 anderen Naturliebhabern Wildobstbäume und Wiesen zu pflegen und schon den Kleinsten zu zeigen, wie man etwa Tomaten erntet und sät. Darüber hinaus setzt sich der Verein für die Erhaltung von Bienenvölkern und anderen Insekten ein. Warum das so wichtig ist? „Ohne Insekten gibt es keine Bestäubung von Blumen, Blüten und Obst“, erklärt Pröpper-Zipperer geduldig. Obwohl der Verein Ende Oktober sein 90-jähriges Bestehen in der Stadthalle feiert, mangelt es an Nachwuchs. Der nämlich lässt sich nur schwer für die sanfte, aber wichtige Arbeit der Naturaktivisten begeistern. Mehr Projekte wie das Insektenhotel sollen das jetzt ändern. Wie das Hotel später einmal aussehen wird, lässt sich zurzeit zwar nur erahnen, aber schon jetzt ist klar: Eine Tafel mit den Namen der jungen Macher soll später die Fassade des Holzbaus zieren.

Freiwillig früher zum Unterricht

Die sind an diesem Tag zwar nur zu sechst, aber trotz Hitze freiwillig zwei Stunden früher zum Unterricht gekommen, allen voran Schüler Marcel. Der hält längst wieder die Bohrmaschine in den Händen. Schließlich fehlt noch immer das Dach des Hotels, das später mal stolze viereinhalb Meter breit und fast drei Meter hoch sein soll. Der fertige Unterbau soll bis zum Anfang der Sommerferien, also Ende Juli, bereits in einem Fundament auf dem Wildobst-Lehrpfad montiert werden. Und auch die hölzernen Kammern bleiben nicht leer: „Insekten brauchen Stroh, Schilf und Tannenzapfen, um sich wohlzufühlen“, weiß auch Naturliebhaberin Pröpper-Zipperer. Ob die Schüler das berücksichtigt haben? „Das machen wir schon“, beruhigt sie Keller. Schließlich ist ihm das Projekt ans Herz gewachsen – und der Samen der Gartenbauer damit aufgegangen.