Der Baumfreund und Naturschützer Karl-Heinz Frey schlägt an der Donau Alarm. Die heimische Schwarzpappel ist rund um Ulm fast schon ausgestorben.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Die ältesten Exemplare gleichen mit ihrer Wipfelhöhe von bis zu 35 Metern und ihrer dunklen Baumrinde mächtigen, verwunschenen Türmen. Kein Baum ist wie der andere, doch was für jede Pflanze gilt, trifft für die Schwarzpappel, von der es weibliche und männliche Exemplare gibt, besonders zu. „Jedes Flussgebiet hat seine eigenen Arten entwickelt“, sagt Karl-Heinz Frey, Sprecher des Esslinger Arbeitskreises Lebendiger Neckar. Die Schwarzpappel ist eine Bewohnerin der Flussauen. Mit deren Verschwinden durch Überbauung oder Flussbegradigungen wurde auch der Baum zurückgedrängt. Er steht längst in der Roten Liste bedrohter Pflanzenarten.

 

Der 69-jährige Frey, der dem BUND Nürtingen angehört, ist fasziniert von Populus nigra, seit gut zehn Jahren ist er ihr auf der Spur, und am häufigsten fand er sie am Neckar. 32 reinsortige Individuen hat der Naturschützer entlang des Flusses durch Genanalysen identifiziert. Viele vermeintliche Schwarzpappeln sind Hybriden, also Sammelarten, die mehrere Kreuzungen umfassen. Die spezielle Neckar-Schwarzpappel ist im Land die mittlerweile am besten kartierte Art, mit Hilfe des Landesnaturschutzverbandes und der Landesregierung gibt es bereits verschiedene Maßnahmen der künstlichen Vermehrung.

Erste Erfolge mit Paten für Stecklinge

Beispielsweise ist es in vergangenen Jahren gelungen, Bürger zu Stecklingspatenschaften anzuregen. Auf Balkonen und in Gärten wuchsen die Nachzuchten bis auf rund ein Meter Höhe, dann wurden sie eingesammelt und an günstigen Orten ausgepflanzt. So wird die Funktion der Elternbäume ersetzt, die zu alt, zu krank und zu verstreut sind, um sich eigenständig fortzupflanzen. Das hat Karl-Heinz Frey auch bei der Ausweitung seiner Studien im Land entdeckt, entlang des Rheins beispielsweise oder am Ufer des Bodensees. Als er aber an die schwäbische Donau kam, nach Ulm und nach Ehingen, da erschrak er doch.

Noch ein halbes Jahr Zeit

Auf seinen Fußmärschen entdeckte er im Bereich des Zusammenflusses von Donau und Iller nur noch rund fünf Schwarzpappeln auf einen Kilometer Flusslauf. Die Bäume sind laut Frey meist älter als 50 Jahre, dunkel eingezwängt in dichten Baumverbänden, bedrängt von aufstrebenden Balsampappeln, die sich viel leichter aussäen, manche Exemplare durch Biberfraß schon tödlich geschädigt. „Seit 50 bis 100 Jahren gibt es an der Donau keinen Nachwuchs“, sagt Frey. Wenn nicht im nächsten halben Jahr von intakten Bäumen zumindest Reiser gewonnen würden, um eine sogenannte Erhaltungspflanzung sicherzustellen, sei die Donau-Schwarzpappel ausgestorben. „Es ist kurz vor zwölf“, sagt Frey. „Die meisten gehen wohl in den nächsten Jahren ein.“ Die Donau-Exemplare zeichnen sich, beispielsweise im Vergleich zu den Bäumen am Neckar, durch die fast völlige Haarlosigkeit ihrer Blätter aus, durch ausgeprägte Maserknollen und schlanken Wuchs.

Frey hat nun die Stadt Ulm angeschrieben, und bat, die acht im Stadtgebiet noch vorhandenen städtischen Schwarzpappeln ausreichend gegen Biberfraß zu sichern. Auch mit der BUND-Ortsgruppe Ehingen (Alb-Donau-Kreis) gibt es Kontakt. Es werde dort versucht, Geld für den Kauf einer geeigneten, zwei bis drei Hektar großen Fläche für eine Neubesiedlung der Donau-Schwarzpappel anzukaufen. Frey hofft auf Geld örtlicher Kommunen und des Landesnaturschutzverbandes. Vielleicht, sagt er, begeistere sich auch ein Unternehmen, das aktuell ohnehin Ausgleichsflächen für ein Bauprojekt schaffen müsse.