In Deutschland treten immer mehr gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten auf. Sie richten enormen Schaden an. Gegen manche ist der Kampf aber verloren.

Bonn - In Deutschland treten immer mehr gebietsfremde Tier- und Pflanzenarten auf, und der Schaden, den sie anrichten, nimmt zu. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) deshalb ein Handbuch zum Umgang mit solchen Arten herausgegeben. Darin werden Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen die Ausbreitung solcher Arten verhindert werden kann. Bei manchen Tieren und Pflanzen ist es aber bereits zu spät.

 

Den Waschbär könne man in Deutschland nicht mehr zurückdrängen, meint Professorin Beate Jessel, die Präsidentin des BfN, obwohl Jäger davon jedes Jahr 100 000 schießen. Sie ist deshalb dagegen, dieses Tier auf eine Liste zur Eindämmung von gebietsfremden Arten zu setzen, die die Europäische Union gerade erarbeitet. Jessel möchte dort lieber solche Arten festhalten, deren Verbreitung noch zu stoppen ist, wie das nordamerikanische Grauhörnchen, das sich unter anderem in Italien und England ausbreitet, Deutschland aber noch nicht erreicht hat. Es trägt einen Virus in sich, der dem der Pockenerreger ähnlich ist. Damit werden zwar keine Menschen gefährdet, aber die heimischen roten Eichhörnchen.

Durch Vogelfutter eingeschleppt

In dem Handbuch wird unterschieden zwischen gebietsfremden Arten, die keinen Schaden anrichten, und invasiven Arten, die andere Arten verdrängen oder Gesundheitsgefahren darstellen. Davon haben die Autoren 168 als invasiv oder potenziell invasiv aufgeführt. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 9000 Pflanzen-, 48 000 Tier- und 14 400 Pilzarten, darunter rund 800 gebietsfremde Arten, die sich in der freien Natur ausgebreitet haben.

Bei den Tieren gehören die Schnappschildkröte, die Wollhandkrabbe und der Kanada-Biber zu den invasiven Arten. Zu den invasiven Pflanzen gehört Ambrosia mit ihren hoch allergenen Pollen, die unter anderem durch Vogelfutter eingeschleppt worden ist, weil sie in Südosteuropa auf Sonnenblumenfeldern wächst. Weniger bekannt ist, das die Baumart Douglasie als invasiv gilt, die von deutschen Forstwirten als Nutzholz angebaut wird. In Naturschutzgebieten sei sie nicht erwünscht, sagte Jessel. Auch der gemeine Flieder, der in vielen Gärten zu sehen ist, wird zu den unerwünschten Arten gezählt. Das Handbuch empfiehlt den Baumschulen, auf den Handel damit zu verzichten. Ein Handelsverbot wird dafür aber nicht empfohlen.

Vorsorge, Kontrolle, Beseitigung oder Nutzung als Maßnahmen

Die Schäden, die invasive Arten jedes Jahr in der EU anrichten, werden auf rund zwölf Milliarden Euro geschätzt – Tendenz steigend. Zu den Maßnahmen dagegen gehören Vorsorge, Kontrolle, Beseitigung und Nutzung. So werden Wollhandkrabben zunehmend in Restaurants an der Elbe angeboten, wo sie am weitesten verbreitet sind. Unkontrollierte Selbsthilfemaßnahmen lehnen die Experten des BfN ab. Die schnelle Beseitigung mit der chemischen Keule könne weitreichende negative Wirkungen auf andere Organismen haben, sagte Jessel. An Gewässern sei das ohnehin grundsätzlich verboten. Beim Bärenklau könnten sich die Samen verbreiten, wenn er zu spät ausgerissen und auf den Kompost geworfen werde. Vorsorge sei der beste Schutz gegen die Ausbreitung invasiver Arten. Transport, Freisetzung und Ausbreitung müssten damit verhindert werden. Das Handbuch liegt in zwei Bänden vor und untersucht 3600 Maßnahmen, wovon 1900 als empfehlenswert eingestuft werden. Es richtet sich vor allem an die Naturschutzämter auf Kreisebene.