Das Landwirtschaftsministerium sieht Wildbienen nicht grundsätzlich durch die Honigproduktion bedroht. Das Verbot von Bienenkästen in einem Stuttgarter Naturschutzgebiet hat unter Imkern für Gesprächsstoff gesorgt.

Fellbach - Das Verbot von Bienenkästen in einem Stuttgarter Naturschutz-gebiet hat unter Imkern für Gesprächsstoff gesorgt. Jetzt zeigt eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Siegfried Lorek (CDU), dass die These vom Futterneid zumindest im Rems-Murr-Kreis keine Grundlage hat.

 

Bienen sind als Bestäuber in der freien Natur, wie auch in der landwirtschaftlichen Kulturlandschaft kaum zu ersetzen. Nicht ohne Grund fördern etwa die Stadtwerke Fellbach Honigbienen, Wildbienen und andere Insekten durch die Finanzierung gezielter Blühstreifen. Im kommenden Jahr wird erstmals in Fellbach und Umgebung auf 1,5 Hektar Fläche statt Mais die durchwachsene Silphie angebaut, also ein Lieferant nicht nur für Biogas, sondern auch für Pollen und Nektar.

Hintergrund der Vertreibungsaktion ist eine befürchtete Nahrungskonkurrenz

In Aufruhr hat die Stadt Stuttgart im Mai die Imker in Fellbach und Kernen versetzt. Aus einem Naturschutzgebiet auf den Fildern mussten Hobbyimker und die Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim ihre Honigbienenvölker binnen kurzer Frist entfernen. Das Pikante daran: Ein Teil der Völker stand bereits dort, als das Gebiet noch gar nicht unter Naturschutz stand. Ein großflächiges Verbannen von Bienenvölkern aus Naturschutzgebieten würde aus Sicht des Oeffinger Sachverständigen für Bienenkrankheiten, Thomas Lorenz, „dazu führen, dass viele Imker ihr Hobby nicht mehr ausüben könnten.“

Hintergrund der Vertreibungsaktion ist eine befürchtete Nahrungskonkurrenz zwischen einigen der 460 in Baden-Württemberg vorkommenden Wildbienenarten und den Honigbienen. Zudem, teilte die Stadt Stuttgart damals mit, sei es „strengstens verboten, in das Naturschutzgebiet fremde Tiere einzubringen“. Allerdings tummeln sich in Naturschutzgebieten nicht nur die als landwirtschaftliche Nutztiere eingestuften Honigbienen, sondern mitunter auch Schafe, weil deren positive Effekte überwiegen. Zudem bezweifeln die Imker eine Nahrungskonkurrenz zwischen Wild- und Honigbienen, wenn die Bienenkästen nicht gleich massenhaft neben-einander aufgestellt werden.

Zum entscheidenden Punkt der Kleinen Anfrage äußert sich das Ministerium diplomatisch

Um etwas Licht ins Dunkel um das Verhältnis von wilden und landwirtschaftlich genutzten Sechsbeinern zu bringen, hat der Winnender Politiker Siegfried Lorek eine Anfrage ans Landwirtschaftsministerium gestellt.„Ich bin leider kein Bienenexperte“, sagt er. In einer neunseitigen Antwort billigt das von Peter Hauk geführte Ministerium der Imkerei zu, dass sie „vor allem wegen der Bestäubungsleistung der Bienen“ eine zentrale Bedeutung für Ökologie und Ökonomie zu. Honigbienen seien im Vergleich zu vielen anderen Insekten sehr effektive Bestäuber: „Als einzige Bienenart sind Honigbienen blütenstet, das heißt sie sammeln solange eine Pflanzenart, wie sie Nektar und Pollen liefert.“

Zum entscheidenden Punkt der Kleinen Anfrage äußert sich das Ministerium diplomatisch: „Die Frage nach einer möglichen Konkurrenz zwischen Honigbienen und Wildbienen ist weder einfach noch klar zu beantworten.“ Einerseits gebe es Studien, die sogar „erhebliche negative Auswirkungen“ annehmen lassen, andererseits aber offenbar nur, wenn Bienen „in hohen Dichten“ gehalten werden.

Derartige Massenbehausungen von Honigbienen sind im Rems-Murr-Kreis jedoch Mangelware. Kaum ein Honigbienenstand umfasst hierzulande dauerhaft mehr als zehn Völker. Anders sieht es mitunter in Schwarzwälder Tannenwäldern aus, wo während der sogenannten Tannentracht ganze Reihen von Bienenkästen an Wald- und Wegesrändern stehen.

Der Fachmann Thomas Lorenz betont die Bedeutung von Brutplätzen für Wildbienen und rät zu einer ganzheitlichen Betrachtung: „Die Honigbienen tragen auch zur Biodiversität bei.“ Nicht nur als Bestäuber von seltenen Pflanzen, sondern zudem als Nahrung für geschützte Tiere wie Eidechsen, die Thomas Lorenz häufig an seinen Bienenständen in Schmiden und Oeffingen entdeckt.