Ein Blick hinter die Kulissen: Die Zeit vor der Abendvorstellung läuft immer nach dem gleichen Schema ab.

Renningen - Noch ist es ruhig im Wald um das Renninger Naturtheater. Doch im alten Steinbruch am Ortsrand der Rankbachstadt, da, wo am Abend die Vorstellung stattfindet, herrscht bereits rege Betriebsamkeit.

 

Auch Melanie Hertschek sitzt schon rund drei Stunden vor Vorstellungsbeginn auf der Bank vor dem Mitarbeiterhäuschen hinter der Bühne. Es ist Freitagnachmittag, später um 20 Uhr beginnt die Vorstellung: „Dracula“ steht in diesem Jahr auf dem Abendprogramm. Noch trägt die zierliche Renningerin olivgrüne Jeans und ein dunkles T-Shirt, aber das wird sich bald ändern. Denn aus der Studentin Melanie wird in den nächsten Stunden die Vampirin Alina, eine Gespielin des dunklen Fürsten Dracula. Doch bis dahin gibt es noch einiges zu tun, schon lange vorher sind die Darsteller, die Techniker, das Gastronomie-Team und alle anderen Mitstreiter im Naturtheater, um die Vorbereitungen für die Abendvorstellung im Renninger Wald zu treffen.

Erstmal geht es in die Maske

Zu tun hat zunächst Maskenbildnerin Wilma. Melanie hat schon die Grundierung aufgetragen, bevor sie schnell auf den Schminkstuhl schlüpft. Glück gehabt, die Kollegen stehen schon Schlange an der Tür des kleinen Kellerraums. Dirk Deininger alias „Dr. John Seward, Irrenarzt“ hat sich den Stuhl neben Melanie gekapert, die zweite Maskenbildnerin Prisca nimmt sich seiner an. Prisca wird – wie etliche andere Helfer auch – im Laufe des Abends zum Wolf, zum Strandspaziergänger oder zum Kneipenbesucher mutieren, Vielseitigkeit ist eben alles. Doch jetzt ist erst einmal der Doktor dran. „Die ruhigen Minuten in der Maske“, sagt der, bevor er stillhalten muss, „tun gut, um runterzukommen, selbst ruhiger zu werden und sich auf die Vorstellung einzustimmen.“ Ruhe? Die Kollegen unterhalten sich lautstark über Alltagsdinge und frotzeln ungeniert über alles und jeden, sie lachen und reden und sind sehr präsent.

Melanie liegt mit geschlossenen Augen auf dem Maskenstuhl, Wilma rührt mit sparsamen Bewegungen in den Farbtöpfen und kreiert mit kräftigem blauen und türkisfarbenen Lidschatten und schneewittchenroten Lippen die betörende Gespielin des dunklen Fürsten. Zwischendrin und zum Schluss wird kräftig abgepudert und fixiert, damit das Make-up hält. Ein letzter kritischer Blick – ja, alles passt.

Jeder Darsteller ist für seine Requisiten verantwortlich

Melanie macht Platz für den nächsten in der Schlange und macht sich auf den Weg zur Damenumkleide. Ihr Kostüm bleibt vorerst noch hängen, doch sie schnappt sich drei dunkle Herrenmäntel und hängt sie hinter der Bühne über einen Balken: „Die brauchen wir später.“ Jeder Darsteller ist für seine eigenen und für bestimmte weitere Requisiten verantwortlich. Melanie braucht in ihrer Rolle kein Zubehör, deshalb kümmert sie sich um andere Dinge. Sie wirft einen schnellen Blick auf die Zuschauerränge: „Ich schau dann mal, ob da alles in Ordnung ist“, doch das hat ein Mitstreiter schon erledigt, im Naturtheater wird eben Hand in Hand gearbeitet.

Kleider machen Leute

Inzwischen sind alle Darsteller angekommen, es schwätzt und lacht entspannt auf den Bänken vor der Hütte. Von Hektik keine Spur, das eingespielte Team hat schließlich schon sieben Abendvorstellungen gewuppt. Während draußen allmählich die Besucher an der Abendkasse anstehen, werden noch mal einzelne Szenen geprobt. Ein bisschen merkwürdig sieht es schon aus, wenn in Jeans und T-Shirt oder in Shorts und Bluse Posen und Kampfszenen geübt werden, die so gar nicht zu der schwäbisch-bunten Truppe auf der Bühne passen. Doch in der Vorstellung wirken Schlägerei und kratzbürstige Auseinandersetzungen bedrohlich und echt, Kleider machen eben doch Leute. Und Vampire.

Melanie ist derweil im Umkleideraum verschwunden und hat sich komplett in Alina verwandelt. Ganz in Schwarz, ganz schön sexy, ganz schön anstrengend: „Das ist die Herausforderung“, sagt sie lachend und zeigt auf die Netzstrümpfe. Die anzuziehen, ohne dass ein Faden reißt oder ein Zeh hängenbleibt, ist nicht ganz einfach.

Kurz vor Beginn macht jeder, was ihm guttut

Plötzlich wird es ruhiger, angespannter hinter der Bühne, es ist Zeit für das Warm-up. Die Schauspieler bilden einen Kreis und beginnen mit den gemeinsamen Übungen. Alle sind konzentriert und atmen durch. Die letzte halbe Stunde vor Beginn macht jeder das, was ihm guttut. „Manche überfliegen noch mal den Text, andere meditieren, und einige unterhalten sich ganz normal weiter. Das macht jeder, wie er will“, erklärt Waltraut Kruse, im Vorstand des Naturtheaters, immer da und der wesentliche Ansprechpartner, wenn’s irgendwo klemmt. Und dann ertönt der Glockenschlag – es ist acht Uhr. Zeit für Dracula im Renninger Wald.

Aufführungen und Infos

Dracula
Wer die Aufführung von „Dracula“ noch einmal in Renningen erleben möchte, hat am Samstag, 18. August, und am Samstag, 25. August, jeweils um 20 Uhr, die Gelegenheit. Die Dernière, die letzte Vorstellung, ist am Sonntag, 26. August, und beginnt um 18 Uhr.

Dschungelbuch
Die Familienvorstellung „Das Dschungelbuch“ wird noch zweimal gezeigt: am Freitag, 17. August, um 20 Uhr, und zum letzten Mal am Sonntag, 19. August, um 15 Uhr.

Weitere Informationen
gibt es im Internet unter www.naturtheater-renningen.de.