Kann man die AfD als „Nazis“ bezeichnen? Das hat SPD-Chef Lars Klingbeil am Wahlabend getan. Doch das war ein Fehler, findet Hauptstadtkorrespondentin Rebekka Wiese.

Berliner Büro: Rebekka Wiese (rew)

Um mit dem Offensichtlichen zu beginnen: Die AfD ist eine in weiten Teilen rechtsextremistische Partei. Ihre Vertreter äußern sich immer wieder rechtsextremistisch und werden dafür in der Partei belohnt und bejubelt. Björn Höcke, dessen Gesinnung so klar ist, dass man ihn gerichtlich bestätigt als Faschisten bezeichnen darf, ist in der AfD kein Außenseiter. Er ist ein Star.

 

Kann man die AfD deshalb als Nazi-Partei bezeichnen? Die Diskussion ist nicht neu. Nun hat sie sich SPD-Chef Lars Klingbeil eingebrockt. Bei einer TV-Debatte am Wahlabend sagte er, dass „die Nazis“ stärker geworden seien. Wen er meinte, wurde klar, als Alice Weidel bei ihm nachhakte. „Das wissen Sie, dass ich die AfD und Sie meine“, entgegnete Klingbeil der empörten AfD-Chefin. Das war unklug – und ein Fehler.

Ein historischer Begriff

Der Begriff ist historisch klar besetzt. Die Nationalsozialisten regierten von 1933 bis 1945. Sie wurden von den Deutschen gestützt, gewählt und gefeiert, sie errichteten eine rassistische Diktatur, stürzten die Welt in einen Krieg und verübten den Holocaust. Wer den Nationalsozialisten heute nacheifert, wer ihre Werte teilt oder ihre menschenfeindliche Gesinnung verharmlost, den kann man als Neonazi, Faschisten oder Rechtsextremisten bezeichnen. Mit „Nazi“ wird man immer falsch liegen. Im Alltagsjargon mag der Begriff zwar öfters verwendet werden. Als SPD-Chef sollte man es nicht tun.

Dass Klingbeil es trotzdem getan hat, führt bei der AfD nun zu vordergründiger Empörung. Insgeheim dürfte sie sich freuen. Gibt es ihr doch die Gelegenheit, eine ihrer liebsten Kampagnen zu fahren: die „Wir sind nicht so schlimm, wie alle sagen“-Debatte, in der sie sich als anständige Partei inszeniert. Darauf darf man aber nicht hereinfallen. Die AfD ist gefährlich. Wer sie wählt, der unterstützt Rechtsextremisten. Um das zu benennen, braucht man präzise Begriffe. „Nazi“ zählt nicht dazu.