Die Golden State Warriors schreiben Geschichte, indem sie in der Endrunde um die Meisterschaft in der Basketball-Profiliga NBA 16 von 17 Spielen gewinnen. Auch die Cleveland Cavaliers überrollen sie einfach.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Was haben Lena Meyer-Landrut, Lewis Hamilton und Neymar gemeinsam? Die Gewinnerin des European Song Contests aus Deutschland, der dreimalige Formel-1-Weltmeister aus Großbritannien und der brasilianische Fußballheld vom FC Barcelona zählten zu den Stars, die bei der diesjährigen Best-of-seven-Finalserie der US-Profiliga NBA als Zuschauer dabei waren. Sie sahen, wie Geschichte geschrieben wurde. Denn die Golden State Warriors besiegten gegen den Titelverteidiger Cleveland Cavaliers mal eben mit 4:1 und verbuchten so die beste Play-off-Bilanz der Ligahistorie. Denn die eine Niederlage war ihr einzige in der ganzen Endrunde.

 

17 Spiele, 16 Siege!

Kurzer Prozess!

Sehet und staunet!

Es ist ein bemerkenswerter Rekord. Diese Perfektion hat weder der Über-Basketballer Michael Jordan in den 1990er Jahren mit den Chicago Bulls erreicht noch der „Showtime-Express“ der Los Angeles Lakers in den 1980er Jahren oder eine der großen Mannschaften des NBA-Rekordmeisters Boston Celtics (17 Titel). Nur die Lakers mit Kobe Bryant und Shaquille O’Neal waren 2001 beinnahe genauso erfolgreich, kamen aber wegen der damals noch kürzeren Erstrundenserie „nur“ auf 15 Siege in 16 Spielen.

Unwiderstehliche Leichtigkeit, fast wie beim Olympia-Dreamteam 1992

2017 markiert den neuen Goldstandard, gesetzt von der Mannschaft aus Oakland im Norden des US-Bundesstaats Kalifornien, der in Anlehnung an den Goldrausch von 1849 auch Golden State genannt wird. Besonders eindrucksvoll macht den Triumph nicht nur die historische Siegbilanz in den Play-offs inklusive dem Rekord von 15 Erfolgen bis zur ersten Niederlage, sondern auch die Art und Weise, wie die Warriors den Thron nach dem Titelgewinn 2015 und der knappen Endspielniederlage 2016 (jeweils schon gegen die Cavaliers) zurückeroberten. Sie besiegten auf dem Weg gute Gegner, ja sie demontierten sie mit ihrer unwiderstehlichen Leichtigkeit oft geradezu, fast wie das US-Dreamteam bei Olympia 1992 in Barcelona.

Die Warriors schwebten in den vergangenen Wochen über den Dingen. Auch von den ebenfalls hochklassig besetzten Cavaliers um deren Superstar LeBron James, denen sie im Vorjahr nach einer 3:1-Führung noch 3:4 unterlegen waren, ließen sie sich diesmal nur einmal bezwingen. 113:91, 132:113, 118:113, 116:137 und abschließend 129:120 am späten Montagabend (Ortszeit) lauteten die Ergebnisse.

Der starke LeBron James kann die Cavaliers-Niederlage nicht verhindern

Die Cavaliers gingen immerhin mit der Empfehlung von zwölf Siegen und nur einer Niederlage in die Endspiele, machten einen stärkeren Eindruck als in den Jahren zuvor. Doch es reichte nur in der vierten Partie (137:116) mit den neuen Finalrekorden von 49 Punkten im ersten Viertel und 86 Punkten in der ersten Hälfte zum Sieg, obwohl LeBron James bei seiner siebten Endspielteilnahme nacheinander eine famose Serie spielte. Fast machtlos musste der 32-Jährige ansehen, wie die Warriors trotz seiner Topleistungen (33,6 Punkte, 12,0 Rebounds und 10,0 Vorlagen im Durchschnitt) immer noch einen draufzusetzen hatten. Als „zermürbend“ empfand er das: „Ich habe in meiner Karriere gegen einige großartige Teams gespielt, aber kein Team hatte so viel Feuerkraft.“

Die Warriors haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. In der Saison 2015/16 hatten sie in der Hauptrunde mit 73 Siegen und nur neun Niederlagen die legendären Bestmarke der Chicago Bulls aus der Spielzeit 1995/96 (72:10) gebrochen, mussten der Jagd auf diesen Rekord dann aber in den Play-offs Tribut zollen. In der Finalserie ging ihnen am Ende gegen die Cavaliers die Luft aus, die Titelverteidigung war dahin. In dieser Runde schonte der Trainer Steve Kerr seine Stars mehr, Stephen Curry und Co. spielten weniger Minuten als andere Akteure dieser Güteklasse. Das zahlte sich aus. Sie waren trotzdem erneut die Hauptrundenbesten, und diesmal waren sie dann am stärksten, als es wirklich darauf ankam – in den Play-offs.

Kevin Durant glänzt bei den Warriors nach Anlaufschwierigkeiten

Mit ihrer Brillanz machen die Warriors den besten Teams aller Zeiten Konkurrenz. Auch dank des Neuzugangs Kevin Durant, der in den Endspielen 35,2 Punkte im Durchschnitt erzielte und zum wertvollsten Spieler der Finalserie ausgezeichnet wurde. „Ich wollte den Titel so sehr, ich wollte die Champagnerdusche“, sagte Kevin Durant mit einer Schutzbrille auf den Augen. Der 28-Jährige, neben Curry und James der größte Star des Basketballs und neben Curry, Klay Thompson und Draymond Green seit vergangenem Sommer der vierte Topspieler in Diensten der Warriors, hat die starke Mannschaft der Unschlagbarkeit noch näher gebracht.

Der 2,06 Meter lange Flügelspieler brauchte jedoch eine lange Anlaufzeit und musste einige Kritik einstecken, ehe er sich im auf viel Tempo, Bewegung, Passspiel und Uneigennützigkeit basierendem Spielsystem der Warriors zurechtfand. Doch in den Play-offs und besonders in der Finalserie glänzte er dann imposant, erschien auf dem Weg zu seiner ersten Meisterschaft unbremsbar – wie im Goldrausch. Da staunten auch Lena Meyer-Landrut, Lewis Hamilton und Neymar nicht schlecht.