Die Regeln, welche Transparenz bei den Nebeneinkünften von Bundestagsabgeordneten gewährleisten sollen, sind umstritten. Sie wurden zuletzt vor einem Jahr erheblich verschärft.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Was geht es die Öffentlichkeit an, wie viel ein Abgeordneter abseits der Politik verdient? Mit dieser Frage hatte sich das Bundesverfassungsgericht 2007 zu befassen. Neun Parlamentarier klagten gegen die Verhaltensregeln des Bundestags, die sie dazu verpflichten, ihre Nebeneinkünfte offenzulegen. Dabei waren diese Regeln damals noch vergleichsweise lax. Großverdiener wie der letzte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der mehr als eine Million Euro an Redehonoraren und dergleichen kassierte, mussten nur angeben, dass diese Einnahmen „über 7000 Euro“ liegen. Ein höheres Maß an Transparenz hat ihnen der Gesetzgeber bis vor Kurzem noch erspart.

 

Solche Vorschriften gibt es überhaupt erst seit 1972. Die Karlsruher Richter haben lange mit sich gerungen, ob sie mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen sind. Die erwähnte Verfassungsbeschwerde der neun Bundestagsabgeordneten wurde bei Stimmengleichheit im zuständigen Senat abgewiesen. Nach Auffassung der Hälfte der Richter hat „das Volk Anspruch darauf zu wissen, von wem und in welcher Größenordnung seine Vertreter Geld oder geldwerte Leistungen entgegennehmen“. Das Interesse der Abgeordneten an einer Vertraulichkeit der Daten sei demgegenüber „nachrangig“.

SPD verkämpfte sich für Transparenz „auf Heller und Pfennig“

Der Fall Steinbrück veranlasste den Bundestag, die Regeln zur Veröffentlichung von Nebeneinkünften noch einmal zu verschärfen. Seit 2006 mussten diese Nebeneinkünfte in drei Kategorien deklariert werden: 1000 bis 3500 Euro, 3501 bis 7000 Euro und darüber. Höhere Einkünfte wurden nicht näher aufgeschlüsselt – und damit mehr verschleiert als wirklich offenbart.

In der Diskussion waren zunächst verschiedene Modelle, die eine größere Transparenz bieten sollten. Unter dem Druck der Honorardebatte über ihren Kanzlerkandidaten plädierte die SPD für den „gläsernen Abgeordneten“. Nebeneinkünfte sollten „auf Heller und Pfennig“ offengelegt werden. Die Grünen entwarfen ein System, das 13 Kategorien von Nebeneinkünften vorsah. Die Bundestagsverwaltung hatte sich sogar ein Modell mit 53 Stufen ausgedacht. Union und FDP verweigerten sich einer Veröffentlichung der tatsächlichen Beträge. Sie begründeten dies mit dem Datenschutz und den Persönlichkeitsrechten der Abgeordneten.

Kapitalerträge werden nicht veröffentlicht

Am Ende verständigte man sich auf einen Kompromiss, der den aktuell gültigen Verhaltensregeln zugrunde liegt. Die Abgeordneten sind nun verpflichtet, „Tätigkeiten beruflicher und anderer Art neben dem Mandat“ der Bundestagsverwaltung anzugeben. Anzeigepflichtig sind Nebeneinkünfte, sofern sie mehr als 1000 Euro im Monat oder 10 000 Euro im Jahr betragen. Bei der Veröffentlichung auf der Homepage des Parlaments werden sie zehn Stufen zugeordnet. Einkünfte über 250 000 Euro werden nicht weiter aufgeschlüsselt.

Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen sind weder anzeige- noch veröffentlichungspflichtig. Die Wähler erfahren also nicht, wenn ein Abgeordneter zum Beispiel Aktien besitzt und in welcher Höhe er Kapitalerträge erzielt – obwohl auch daraus Interessen und Abhängigkeiten erwachsen können. Umstritten ist auch, dass eigene Aufwendungen, Werbungskosten und Betriebsausgaben den Einkünften nicht gegenübergestellt werden.