Peer Steinbrück hängt die Diskussion über seine Honorar-Millionen wie ein Klotz am Bein. Sie behindert seinen Start als Kanzlerkandidat.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Wer das Temperament von Peer Steinbrück nur ein bisschen kennt, ahnt, dass er am Montag mindestens mit der Idee geliebäugelt hat, sich an die Spitze der Kavallerie zu setzen und eine Attacke zu reiten gegen die schwarz-gelbe Regierung Merkel und deren Gipfelbeschlüsse aus der Nacht zuvor. Tatsächlich ist seine Bewertung jedoch seltsam gebremst ausgefallen. Eine „durchsichtige Strategie“ sei es, dass die Koalition „ein kleines Geschenk“ für jedermann eingepackt habe, monierte der designierte SPD-Kanzlerkandidat. Dass er keine Linie für die Lösung der Probleme unseres Landes erkennen könne, setzte er noch hinzu. Für jemanden, der sich nicht zuletzt seiner Angriffsqualitäten rühmt, ist das ein ziemlich lahmer Kommentar.

 

Nun wollte Steinbrück nach seiner kurzfristig vorgezogenen Nominierung vor fünf Wochen zwar sowieso nicht sofort in den Wahlkampfmodus verfallen. Aber es ist schon auffällig, dass der SPD-Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht richtig aus den Startlöchern kommt. Das erste Umfragehoch, das seine Benennung als Kanzlerkandidat ausgelöst hat, ist schon wieder verpufft. Wollten Ende September im Fall einer Direktwahl immerhin 37 Prozent der Befragten für Steinbrück stimmen (und 46 Prozent für die Amtsinhaberin), so sind es laut einer aktuellen Emnid-Umfrage derzeit nur noch 26 Prozent (gegenüber 51 Prozent).

Steinbrück obsiegt gegen Bochumer Stadtwerke

Offenkundig wird Steinbrück die Debatte über seine Nebeneinkünfte nicht so schnell los, wie er und die SPD das gehofft haben. Zunächst war er geneigt, die Honorare für seine Reden als Privatangelegenheit zu behandeln. Unter dem Druck gegnerischer Anwürfe, die Zweifel an seiner Unabhängigkeit weckten, kündigte er dann jedoch an, mit Hilfe eines Wirtschaftsprüfers Transparenz „auf Heller und Cent“ herzustellen. Am vergangenen Montag bezifferte er seine in drei Jahren aufgelaufenen Vortragshonorare auf 1,25 Millionen Euro und sah die Koalition mächtig in der Defensive, weil sie sich der Forderung nach totaler Transparenz über die Nebeneinkünfte der Parlamentarier verweigert. Doch dann zeigte sich, dass auch Steinbrücks Offenheit Grenzen hat.

Zunächst behaupteten die Bochumer Stadtwerke, dass Steinbrück das Spitzenhonorar in Höhe von 25 000 Euro für einen Gastauftritt einer gemeinnützigen Organisation hätte spenden sollen. Diese Darstellung wies Steinbrück zurück und obsiegte schließlich juristisch: die Stadtwerke haben inzwischen eine Unterlassungserklärung unterzeichnet und räumen ein, versäumt zu haben, Steinbrück vom Spendencharakter des Honorars in Kenntnis zu setzen. Kaum war dieses Problem entschärft, berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass Steinbrück nicht offenlegen wolle, welche Summe genau er für ein Interview im Geschäftsbericht des Baukonzerns Bilfinger SE erhalten habe. Dass es mehr als 7000 Euro sind, hatte Steinbrück dem Bundestag angezeigt. Das Magazin „Focus“ und die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ verbreiteten Schätzungen, dass Steinbrück als Buchautor etwa eine halbe Million Euro verdient habe. Seit seinem Abschied als Finanzminister summieren sich die Nebeneinkünfte damit auf rund zwei Millionen Euro.

Die Parteilinke findet die Debatte „natürlich schwierig“

Aus der SPD erhält Steinbrück Flankenschutz. Ernst-Dieter Rossmann, der Sprecher der Parlamentarischen Linken, sprach von einer „Hexenjagd“. Hilde Mattheis, die Chefin der Demokratischen Linken, sagte nur, es sei „natürlich schwierig“, wenn sich die SPD mit solch einer Debatte herumschlagen müsse. Parteichef Sigmar Gabriel versicherte Steinbrück die Rückendeckung der Parteispitze. Steinbrück habe bei seiner Pressekonferenz objektiv alle Fragen beantwortet, sagte Gabriel. Dennoch sei er offen dafür, dass Abgeordnete nach der Reform der Transparenzregeln auch Buchhonorare auf Euro und Cent offenlegen.