In einer Serie stellen wir Freizeitangebote im Stuttgarter Norden vor. Diesmal besucht unsere Autorin Marta Popowska den Neckar-Schützen-Club und versucht sich erstmals als Sportschützin – und trifft tatsächlich die Zielscheibe.

Feuerbach - Vor mir auf dem Tisch liegen eine Reihe von Handfeuerwaffen: von der Sportpistole über einen Revolver mit einem langen Lauf à la John Wayne bis hin zur großkalibrigen 45er. Sie sind nicht geladen. Noch nicht. Denn gleich darf ich sie alle ausprobieren. Ein wenig schlackern mir die Knie.

 

Viele Fragen gehen durch den Kopf

Während ich Wolf-Peter Sasse vom Neckar-Schützen-Club hinterherlaufe, gehen mir allerlei Fragen durch den Kopf. Wie stark wird der Rückstoß sein? Wie laut ist ein Revolver? Ob ich auf die nicht unbeträchtliche Distanz von 25 Metern überhaupt die Zielscheibe treffe? Schließlich habe ich noch nie geschossen und – außer im Fernsehen – niemals jemand schießen sehen. An diesem Donnerstagabend wird mir der Oberschützenmeister aus Neuwirtshaus all das beantworten.

Weil die Neckar-Schützen mit ihren 22 Mitgliedern ein eher kleiner Verein sind, haben sie im Schützenhaus des SG-Freischütz in Mühlhausen ihr sportliches Zuhause gefunden. Hier verabreden sie sich an zwei Donnerstagen im Monat.

Um überhaupt an eine der Vereinswaffen zu kommen, muss man durch viele Türen. Vorstandsmitglied und Oberschützenmeister Sasse schließt mehrere Stahltüren auf, bevor er am Ende vor einem kleinen, aber doch 400 Kilogramm schweren Tresor steht. Er nimmt eine Pistole nach der anderen raus, öffnet einen weiteren Schrank und sucht die jeweils passende Munition heraus. Manche Patronen sind fast winzig, andere, wie die mit neun oder elfeinhalb Millimetern Durchmesser, deutlich imponierender. Ihre Größe wird sich entsprechend in den Löchern in der Zielscheibe niederschlagen.

Verschärfte Auflagen für die Aufbewahrung der Waffen

Seit dem dramatischen Amoklauf von Winnenden vor sechseinhalb Jahren sind nicht nur die Auflagen zur Aufbewahrung schärfer geworden, sondern auch die Zahlen der Mitglieder in vielen Schützenvereinen rückläufig. „Seitdem haben wir uns auch nicht mehr wirklich getraut, für uns zu werben“, sagt die Ehefrau Hermine Sasse. Häufig würden sie auf Ablehnung und Vorurteile in der Öffentlichkeit stoßen. Dabei geht es im Schießsport – salopp ausgedrückt – nicht einfach nur darum, auf eine Zielscheibe zu ballern. Der Sportler möchte durch innere Ruhe und Konzentration, Körper und Geist in Einklang bringen, um schließlich die Mitte der Zielscheibe zu treffen.

Und genau das ist gar nicht so einfach. Nachdem Wolf-Peter Sasse mich mit allen Sicherheitsvorkehrungen vertraut gemacht hat, erklärt er, wie ich stehen, zielen und die Waffe halten soll. Die kleinkalibrige kann man mit einer Hand halten, für die größeren, wie Revolver oder Colt, brauche ich beide. Den größten Schreck verpasst mir der Revolver, Kaliber 357. Wie zuvor stelle ich mich hin, spanne den Hahn, halte die Luft an und drücke ab. Trotz Gehörschutz ist der Knall enorm. Durch den Rückstoß zieht es meine Arme zur Seite und die Kugel endet irgendwo zwischen Tausenden anderen in der Wand. Ich lege den Revolver weg. Dann doch lieber der Colt. Mit dem gibt es das größte Erfolgserlebnis: Fünf Schuss, fünf Treffer.

Nach den Schüssen riecht es wie nach einem Feuerwerk

Nachdem ich die Pistolen ein paar Mal abgefeuert habe, riecht es wie nach einem Feuerwerk. „Herrlich“, befindet Wolf-Peter Sasse, lächelt und atmet tief ein. Seit 2002 ist er Vorsitzender bei den 1986 gegründeten Neckar-Schützen, und seit er dem Verein vor 14 Jahren beigetreten ist, ist er leidenschaftlicher Sportschütze. Dazu gekommen ist Sasse über einen Freund, später trat auch seine Frau Hermine bei.

Wie man zu einer eigenen Waffe kommt, regeln Vereine in ihren Statuten individuell. „Bei uns darf man die ersten eineinhalb Jahre nur mit Vereinswaffen schießen“, sagt Sasse. Anschließend berät sich der Ausschuss. „Wenn der das Okay gibt, muss man die Sach- und Waffenkundeprüfung ablegen und natürlich bestehen“, betont er. Doch nicht jedem ist der Eintritt garantiert. „Wenn wir kein gutes Gefühl haben, lehnen wir Kandidaten ab“, sagt er. Dennoch hoffen sie auf Nachwuchs und darauf, dass ihr Sport wieder ein besseres Image bekommt.