Zu gefährlich oder vielleicht doch möglich? Bei der vierten Veranstaltung der Reihe Neckarfantasien haben Experten und Leser über das Thema Baden im Neckar diskutiert. Die Bürger wünschen sich von Politik und Verwaltung Perspektiven für die Zukunft.

Bad Cannstatt - Am Baden im Neckar scheiden sich die Geister. „Einem guten Schwimmer kann man nicht davon abraten“, sagte Martin Tschepe, Redakteur der Stuttgarter Zeitung, bei der vierten Veranstaltung der Reihe Neckarfantasien des Cannstatt-Teams von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten im direkt am Fluss gelegenen Vereinsheim des Cannstatter Skiclubs.

 

Der Journalist hat gute Argumente: Gemeinsam mit Volker Heyn hat er den Neckar im Juni diesen Jahres durchschwommen, in zwei Wochen haben die beiden Hobby-Langstreckenschwimmer des Schwimmvereins Ludwigsburg weder Hautausschlag noch andere gesundheitliche Problemen bekommen und sind überall mit offenen Armen empfangen worden. Wer nah am Ufer bleibt, geht laut Tschepe kein größeres Risiko ein. „Auf Höhe des Ruderclubs in Hofen könnte ich mir eine Badestelle für geübte Schwimmer vorstellen.“ Dort sei der Fluss vergleichsweise breit. Zum Planschen allerdings sei der Neckar auf Stuttgarter Gemarkung nicht geeignet, dies wäre laut Tschepe vielleicht in Remseck möglich.

Verschmutzung und Schiffe gefährden Schwimmer

Gute Argumente, allerdings gegen das Bad im Fluss, hatten aber auch Walter Braun, der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamts, und Thomas Ruhland, der technische Leiter der DLRG Stuttgart, im Gepäck. „Der Neckar gilt nicht als Badegewässer“, sagte Braun den Leserinnen und Lesern von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten. Nicht nur sei die Belastung mit Bakterien, Parasiten und chemischen Stoffen zu hoch, sondern auch der Schiffsverkehr zu gefährlich für den Menschen. „Ein Schwimmer kann leicht übersehen oder unter das Schiff gezogen werden“, sagte Braun. Zehn bis 20 Berufsschiffe, die Boote der Fahrgastschifffahrt und Sportboote sind laut Braun täglich auf dem Neckar unterwegs. Ruhland gab zusätzlich unter anderem die Gefahren durch die Kälte, die Strömung, Treibgut und Scherben zu bedenken. „In diesem Jahr sind in Deutschland 309 Personen ertrunken, die meisten davon in Seen und Flüssen“, so Ruhland.

Auch der Sicherheitshafen, der beim Thema Baden im Neckar immer wieder genannt wird, ist laut Braun zum Baden nicht geeignet: „Ich weiß, was wir dort regelmäßig an Schlamm aus dem Becken baggern, und würde dort nicht ins Wasser gehen“, sagte der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamts. Die straßenseitige Böschung allerdings könnte ein Platz sein, an dem die Menschen näher an den Fluss gelangen könnten – so denn Geld für eine entsprechende Umgestaltung aufgetrieben werde. Für ein entsprechendes Naherholungsgebiet hatte sich auch der Cannstatter Jugendrat immer wieder stark gemacht: „Uns geht es nicht primär ums Baden“, sagte Maximilian Rosenberg. Vielmehr schwebten dem Jugendrat Treppen und Sitzgelegenheiten nahe am Wasser vor – von denen man vielleicht ja zumindest die Füße einmal bedenkenlos ins Wasser baumeln lassen könnte.

Wunsch nach Perspektiven

Einige Leserinnen und Leser, die bei der vierten Veranstaltung der Reihe Neckarfantasien mitdiskutiert haben, haben übrigens bereits Erfahrungen mit dem Baden im Neckar gemacht: „Ich bin bereits zweimal im Neckar geschwommen“, sagt Martin Fischinger aus Stuttgart-Nord. Seine Frau und er seien deshalb sehr interessiert an dem Thema und er habe bei der Veranstaltung viel Neues erfahren. Auch Alfred Walter fand die Diskussionsrunde sehr informativ: „Es war mir vorher nicht bewusst, welch gefährliche Strudel sich durch Schiffe bilden können“, sagt der gebürtige Cannstatter. Auch Marion Heck von der Initiative Neckarfreude hat bereits im Neckar gebadet. Sie vermisst bei den Behörden den Mut und die Vision und wünscht sich, dass bald Perspektiven aufgezeigt werden, statt Bedenken zu säen: „Man darf nicht in Bürokratie versinken, sondern sollte nach Möglichkeiten suchen, um das Baden zu ermöglichen.“ Dabei gehe es ihr aber auch nicht ausschließlich ums Baden: „Wichtig ist auch, den Neckar zu einem Juwel für Stuttgarter und Touristen zu machen.“