Wenn in der Mercedes-Benz-Arena ein Tor fällt, kann es schon mal laut werden. Wie laut genau, das wollen Stadt und VfB gemeinsam feststellen.

Stuttgart - Das Ergebnis der Lärmmessung auf dem alten Güterbahnhofareal während eines Bundesligaspiels in der Mercedes-Benz-Arena ist nach intensiver Bewertung doch nicht so dramatisch, wie vom VfB Stuttgart dargestellt – aber auch nicht so positiv, wie von der Stadt Stuttgart behauptet. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs zwischen den Fachleuten des Umweltamts und des Vereins. „Wir haben uns angenähert und sind auf einem konstruktiven Weg“, sagten das VfB-Vorstandsmitglied Stefan Heim und der Bau- und Umweltbürgermeister Matthias Hahn (SPD). Die Experten werden am 25. März im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg erneut messen – und zwar gemeinsam.

 

Klagen gegen Stadionbetrieb soll vorgebeugt werden

Ziel ist es nachzuweisen, dass der Sportlärm die im Bundesimmissionsschutzgesetz definierten Grenzwerte für ein Mischgebiet (Wohnen und Gewerbe) nicht überschreitet; Neu-Cannstattern soll nicht die Möglichkeit gegeben werden, gegen den Stadionbetrieb zu klagen. Der VfB-Präsident Gerd Mäuser hatte eine Normenkontrollklage gegen die Pläne der Stadt in Aussicht gestellt, falls ein Interesse des Vereins an einem ungefährdeten Spielbetrieb durch die Neubebauung gefährdet würde. Problematischer erscheint Hahn weniger der mehrere Hundert Meter entfernte Stadionbetrieb als der Veranstaltungslärm während des Volksfest. Die Befürchtung, künftig ohne Fußball und Wasenspaß leben zu müssen, hat CDU, FDP und Freie Wähler veranlasst, ein Ende der Wohnungsbaupläne für das Areal zu fordern. Die Mehrheit im Gemeinderat sowie die Bauverwaltung halten davon jedoch nichts.

Differenz von mehreren Dezibel sind klärungsbedürftig

Die Lärmschutzverordnung für Sportanlagen gestattet in Mischgebieten tagsüber 60 Dezibel, in den Ruhezeiten an Sonntagen, mittags oder an Werktagen nach 20.55 Uhr und nachts noch 45 Dezibel (gemessen an der Außenfassade). Der vom VfB verpflichtete Experte maß im Samstagsspiel gegen die TSG Hoffenheim einen Mittelungspegel zwischen 55 und 59 Dezibel sowie einzelne Geräuschspitzen (Torschrei) bis zu 69 Dezibel. Deutlich verständliche Lautsprecherdurchsagen erhöhen die störende Wirkung um sechs Dezibel. Das letztlich ermittelte Ergebnis: 53 Dezibel tagsüber sowie je 61 für die Ruhe- und die Nachtzeiten. Der Vorstand kam zum Schluss, die „bisher bekannte Rahmenplanung gefährdet die Ligalizenz des VfB“. Die Werte der Stadt aus dem Dortmund-Spiel (47 Dezibel tagsüber sowie je 53 für die Ruhe-und Nachtstunden) lagen allerdings deutlich darunter. Die Differenz von sechs sowie acht Dezibel waren klärungsbedürftig, da schon drei Dezibel eine Verdopplung des Lärms bedeuten.

„Der VfB muss sich keine Sorgen machen.“

Ein Abgleich der Messergebnisse am Mittwoch hat Pegel von 55 bis 56 Dezibel ergeben, so dass nur noch Spiele nach 22 Uhr (Freitagabendspiele, Pokalpaarungen und Auftritte auf europäischem Parkett) kritisch erscheinen könnten. Dank der geplanten Riegelbebauung zwischen Arena und Wohngebiet sinke der Lärmpegel allerdings auf 52 bis 53 Dezibel. Weitere Lärm-Boni (drei Dezibel für Messunschärfen, fünf Dezibel für Altanlagen, zehn Dezibel für maximal 18 seltene Ereignisse) veranlassen Bürgermeister Hahn zur Aussage: „Der VfB muss sich keine Sorgen machen.“

Er verweist zudem auf den geplanten passiven Lärmschutz wie den Einbau von „Hamburger Fenstern“. Mit dieser besonderen Konstruktion lasse sich selbst bei einem Außenpegel von 53 Dezibel das Schutzziel von 30 Dezibel Innenpegel bei gekipptem Fenster erreichen.

Volksfest zu laut

Problematischer erscheint der vom Volksfest ausgehende Lärm. Sowohl in den Zelten wie auch in den Straßen sei es viel zu laut, bilanzierte das Umweltamt. In den Zelten liege der Pegel zwischen 94 und 100 Dezibel – so laut ist es auch in der Disco. Auf dem Almdorf seien 96 Dezibel gemessen worden (empfohlen seien 85), und in der Straßenmitte lag der Pegel mit 82 bis 86 Dezibel ebenfalls über dem Richtwert von 80 Dezibel. Bürgermeister Hahn verweist auf die Konkurrenz in München, wo der „Ballermannisierung“ Vorschub geleistet wird , indem in Festzelten Geräte dafür sorgen, dass die Musik maximal 90 Dezibel erreicht. Dass das Problem an der Quelle gelöst werden müsse, steht für das Umweltamt außer Frage. Ein Hebel für unwillige Festwirte sei der Mitarbeiterschutz. Ohne Gehörschutz dürften die Angestellten in Zonen mit Lärmpegeln über 85 Dezibel nicht arbeiten. Wie aber, fragt Hahn, wolle man mit Stöpseln im Ohr eine Bestellung über vier Bier und drei Gockel annehmen?