Nach seinem Austritt bei der SPD und seiner Landtagskandidatur für die Partei Alfa kritisieren die Genossen des Kreisverbands Esslingen den Neckartenzlinger Bürgermeister Herbert Krüger heftig. Sie werfen ihm Karrierestreben vor.

Neckartenzlingen - Der Neckartenzlinger Bürgermeister Herbert Krüger startet in seiner neuen Partei gleich richtig durch. Der 62-Jährige tritt für die Alfa (Allianz für Fortschritt und Aufbruch), der er erst kürzlich beigetreten ist, bei der Landtagswahl im kommenden März als Kandidat in den Wahlkreisen Geislingen und Heidenheim an.

 

Das ist umso erstaunlicher, da Krüger erst Ende November sein SPD-Parteibuch nach 21 Jahren zurückgegeben hat (wir berichteten) und kurz darauf Alfa-Mitglied wurde. Ihm zufolge aus Enttäuschung, weil das von der SPD geführte Kultusministerium einem vor mehr als zwei Jahren von der Gemeinde gestellten Antrag auf Gründung eines – ihr finanziell gerechter erscheinenden – Schulzweckverbands nicht stattgegeben und dies noch nicht einmal mitgeteilt habe.

Genossen nehmen Krüger die Begründung nicht ab

Krügers ehemalige Genossen im Esslinger Kreisverband nehmen ihm diese Begründung für den konsequenten Abschied nicht ab. Denn seine unmittelbare Alfa-Kandidatur lasse den Parteiaustritt „in völlig neuem Licht erscheinen“, schreibt der SPD-Kreisverband in einer Presseerklärung. Mit Krügers Engagement für die „rechtskonservative“ Alfa-Partei werde deutlich, dass der Bürgermeister „wohl schon seit längerem andere politische Pfade betreten hat, die mit den Werten und Ideen der SPD überhaupt nicht vereinbar sind“, sagt Michael Beck, der Vorsitzende des Esslinger SPD-Kreisverbands. „Die SPD dann als Sündenbock dafür zu missbrauchen, dass sich sowohl die politische Haltung von Herbert Krüger, als auch seine Karriereplanung eklatant verändert haben, macht mich sprachlos“, erklärt Beck.

Und sollte tatsächlich der gescheiterte Antrag der Grund für die Kündigung seiner Mitgliedschaft sein, zeuge dies von seinem „undemokratischen Politikverständnis“. Denn Krüger erwarte offenbar eine „Vorzugsbehandlung“, wenn er als Bürgermeister mit SPD-Parteibuch in einem sozialdemokratisch geführten Landesministerium einen Antrag stelle.

Herbert Krüger bezeichnet das als „böse Unterstellung“. Vielmehr habe er sich mehr als zwei Jahre „geduldig eingereiht“, sachlich argumentiert und die SPD vor dem Gemeinderat „immer wieder in Schutz genommen“. Schließlich habe er für sich entschieden, der Partei aus Enttäuschung über die von ihm als Ignoranz gegenüber den Belangen der Gemeinde empfundene Haltung den Rücken zu kehren. Die SPD habe sich von der Sachorientierung und dem Solidaritätsgedanken entfernt und sei „mehr der Polemik“ zugeneigt, so Krüger.

150 Unterschriften pro Wahlkreis sind erforderlich

Erst Mitte November habe er erstmals Kontakt zur Alfa aufgenommen, ihm sage deren Grundsatzgedanke zu, „die bürgerliche Mitte zu vertreten“. Seine neuen Parteifreunde rekrutierten sich zu einem großen Teil aus Personen, die von den etablierten Parteien enttäuscht seien. Er sehe nichts Verwerfliches darin, für die Alfa gleich bei der kommenden Landtagswahl anzutreten. Seine Kandidatur in den Wahlkreisen Heidenheim und Geislingen sei zufällig zustande gekommen: „Die waren beide noch frei“, sagt er, „jeder nicht besetzte Wahlkreis ist ein Verlust“. Gleichwohl ist es Krüger zufolge schwierig, die für die Zulassung zur Wahl jeweils erforderlichen 150 Unterstützerunterschriften zu sammeln. Schließlich sei er den Menschen dort unbekannt, er setze deshalb auf „freundschaftliche und verwandtschaftliche Vernetzung“.

Darüber, dass die Alfa-Partei gegen das Wahlrecht verstoßen haben soll, indem sie in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz im Internet in Verbindung mit einem Reise-Gewinnspiel für das Unterschreiben von Unterstützerformularen geworben habe, „weiß ich nichts“, beteuert Herbert Krüger. Hätte er im Vorfeld davon erfahren, wäre sein Ratschlag gewesen: „Lasst die Finger davon, so etwas ist unlauter“.

Die Neue Alfa-Partei

Gründung
Die Allianz für Fortschritt und Aufbruch – kurz Alfa – ist am 19. Juli dieses Jahres als Abspaltung der Alternative für Deutschland (AfD) in Kassel gegründet worden. Ihr Bundesvorsitzender ist der ehemalige AfD-Sprecher Bernd Lucke, sein Stellvertreter und gleichzeitig der Vorsitzende des Landesverbands Baden-Württemberg ist Bernd Kölmel, der frühere AfD-Landeschef.

Profil
Die Alfa steht eigenem Bekunden nach „für Werte, die in unserer politischen Kultur verloren zu gehen drohen“. Sie bezeichnet sich als „seriöse eurokritische, konservative Partei“ und stellt ihre Flüchtlingspolitik unter den Slogan „Hilfskultur statt Willkommenskultur“.