Die Stadt will am Neckartor Tempo 40 einführen, um die Luft zu verbessern. Doch ob und wann die Beschränkung wirklich kommen wird, ist plötzlich wieder offen.

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart kann am Freitag nicht wie geplant die Höchstgeschwindigkeit am Neckartor von 50 auf 40 Kilometer pro Stunde herabsetzen. Damit sollte der Schadstoffausstoß gesenkt werden. Die aus der Jungen Union (JU) Nürtingen hervorgegangene Initiative „Verkehrsfluss statt Tempolimits – Freie Fahrt fürs Ländle“ hat dagegen eine Landtagspetition eingereicht.

 

Sie hält Tempo 40 dort für unrechtmäßig. Wegen der Petition gilt ab sofort ein Stillhalteabkommen: Das Rathaus kann keine Fakten schaffen, bis nicht über die Petition entschieden ist.

Initiative fordert Tempo 60 statt 40

Die Initiative glaubt, dass die geplante Einschränkung den Verkehrsfluss verschlechtern wird und dass deshalb gleichzeitig die Luftbelastung steigt. „Die Straßenverkehrsordnung sieht einige Ausnahmen für ein geringeres Tempolimit als 50 innerorts vor“, sagt Julian Sincu von der „Verkehrsfluss“-Initiative. Doch diese seien in diesem Fall nicht erfüllt. Sincu hat die Petition stellvertretend beim Landtag eingereicht.

Laut dem Petitionstext ist eine konkrete Gefahrenlage notwendig. Diese liege nicht vor, weshalb weiterhin Tempo 50 gelten müsse, heißt es. Zudem verweist die Initiative auf eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, wonach Tempolimits von 30 oder 40 Stundenkilometern nicht zwangsläufig die Luft verbessern.

Stattdessen führe eher ein stetiger Verkehrsfluss zu besserer Luft, heißt es im Fazit der Studie. In der Petition fordert die Initiative stattdessen Tempo 60 und eine bessere Ampelschaltung.

Tempo 40 sollte bis Ende des Jahres gelten

Für die Stadt Stuttgart ist es der erste Fall, dass im Bereich Verkehr ein solches Stillhalteabkommen zum Tragen kommt und eine geplante Maßnahme verschoben oder gar ganz gestoppt werden muss. Doch sowohl das Regierungspräsidium als auch das Landesverkehrsministerium stehen hinter der Idee der Stadt.

Die Behörden glauben, mit einer maximalen Geschwindigkeit von 40 Kilometern pro Stunde die Schadstoffbelastung eindämmen zu können. Sie argumentieren mit dem häufigen Beschleunigen und Bremsen, das sie zwischen den Ampeln der Kreuzung Heilmannstraße und Kreuzung Neckarstraße und Willy-Brandt-Straße beobachten.

„Bei Tempo 40 fließt der Verkehr besser, weil niemand auf bis zu 60 Stundenkilometer beschleunigt und dann an der Ampel bremsen muss“, sagt Julia Pieper vom Verkehrsministerium. Die Stadt wollte das neue Limit außerdem mit einem Blitzer überwachen, den sie dort bereits installiert hat. Scharf gestellt ist er noch nicht.

Kritik an der Landesregierung

Die „Verkehrsfluss“-Initiative ist seit ihrer Gründung im Jahr 2015 mit knapp zehn solcher Landtagspetitionen in Baden-Württemberg gegen Tempolimits vorgegangen. „Der Erfolg damit war gemischt“, sagt Julian Sincu. In der Mehrzahl der Fälle sei man gescheitert. Hinter ihrem Vorgehen steckt allerdings vor allem eine Kritik an der Verkehrspolitik der Landesregierung.

„Seit die Grünen mitregieren, sehen wir einen Trend hin zu massiven Beschränkungen“, sagt Julian Sincu. Dem wolle man entgegentreten. Die Initiative gehört formal zur JU Nürtingen, begreift sich aber als parteilos. Sincu selbst ist weder Mitglied der JU noch der CDU.

Ob und wann das geplante Tempolimit am Neckartor kommen wird, ist unklar. Theoretisch könnte das Verkehrsministerium in dringenden Fällen eine Ausnahme machen. Zuvor muss jedoch die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Bea Böhlen (Grüne), informiert werden. Das Ministerium arbeitet derzeit an einem Brief an Böhlen, in dem seine Unterstützung für das Vorhaben unterstrichen werden soll.

Vorerst wird nichts geschehen

In diesem Zuge muss das Ministerium Böhlen die Gelegenheit geben, sich zu äußern. Man hoffe, dass dies in der kommenden Woche geschehe, heißt es im Ministerium. Die Stellungnahme Böhlens soll dann in die Überlegungen über die Umsetzung von Tempo 40 einfließen.

Dann wäre eine Ausnahme möglich. Gegenüber unserer Zeitung will Bea Böhlen die Vorgänge um die Petition derzeit nicht bewerten. Eine Sprecherin der Stadt sagt: „Solange wir keine Rückmeldung vom Ministerium haben, wird nichts geschehen.“