FDP-Politiker rufen die Polizei aufgrund des Zustands der Neckarbrücke. Daraufhin entspinnt sich eine Diskussion zwischen Landespolitikern. Auch Innenminister Strobl wird hinzugezogen.
Die Neckarbrücke in Ludwigsburg-Neckarweihingen hat mit ihrem Zustand einen regelrechten Schlagabtausch zwischen Landespolitikern ausgelöst. Im Zentrum des Ärgernisses: Die nötige Erneuerung der Fahrbahnübergänge. Geplant war der Austausch der Fahrbahn, des Geh- und Radwegbereichs eigentlich für April 2025 – nun verschiebt sich der Baubeginn auf September. Liberale und grüne Landesvertreter werfen sich nun Vorwürfe und Rechtfertigungen wie Ping Pong Bälle zu. Bis eine davon Innenminister Thomas Strobl einschaltet.
Den ersten Aufschlag hatten FDP-Landtagsabgeordneter Christian Jung und der Ludwigsburger FDP-Landtagskandidat Wolfgang Vogt Anfang Juni gemacht, als sie bei einem Ortstermin auf der Neckarbrücke die Polizei riefen. Die wiederum zog die technischen Dienste der Stadt hinzu. Die Brücke sei in einem „verkehrsgefährdend wirkenden Zustand“, hieß es in einer Pressemitteilung der FDP. „Hier kann es jederzeit zu einem schweren Unfall kommen. Da muss sofort etwas geschehen“, so Christian Jung.
FDP wirft RP Versagen vor
Die Kritik der FDP-Politiker: Das Regierungspräsidium (RP) habe seine Aufgaben zur Herstellung eines verkehrssicheren Straßenzustands nicht im Griff und rechtfertige sich mit Ausflüchten. Bereits 2017 und 2018 wurden rund 1,5 Millionen Euro in die Brücke investiert – „dabei waren zumindest Teile der Arbeiten so mangelhaft ausgeführt worden, dass schon nach nur wenigen Jahren wieder schwerste Schäden am Bauwerk aufgetreten sind“.
Für die Grünen-Landtagsabgeordnete Silke Gericke ist das Vorgehen von Jung und Vogt eine kalkulierte Inszenierung. „Die Umsetzung von Straßenbauprojekten in Baden-Württemberg folgt einer transparenten, an sachlichen Kriterien orientierten Priorisierung – und nicht auf Zuruf von verzweifelten Oppositionspolitikern“, so die Politikerin in einer Pressemitteilung. Für den Vorwurf der Inszenierung spricht auch, dass sich die FDP-Politiker laut Presseabteilung des RP vor der Brückenbesichtigung nicht über den aktuellen Stand der Planungen informiert haben.
Die Neckarbrücke sei Bestandteil eines strukturierten Sanierungsprogramms, so Grünen-Politikerin Gericke. Im Haushalt werde zudem ein Rekordetat für Landesstraßensanierungen eingeplant – mit besonderem Fokus auf Brückeninfrastruktur. „Umso befremdlicher wirkt der Versuch der FDP, durch öffentliche Dramatisierung ein Versäumnis zu konstruieren, das faktisch nicht vorliegt“, so Gericke weiter.
Besonders kritisch sieht Silke Gericke die Entscheidung, bei dem Ortstermin die Polizei zu rufen. „In Zeiten personeller Belastung wirkt ein solcher Schritt nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch wenig respektvoll gegenüber den realen Einsatznotwendigkeiten, die Polizei und öffentliche Ordnung täglich zu bewältigen haben.“ Stattdessen fordert sie von der FDP konkrete Vorschläge, wie der Fachkräftemangel im öffentlichen Bau- und Planungswesen gelöst werden kann.
Die Landtagsabgeordnete hat sich nun mit dem Thema schriftlich an Innenminister Thomas Strobl gewandt mit der Bitte zu klären, ob der Polizeieinsatz gerechtfertigt und notwendig war. Zudem fragt sie, welche konkreten Kosten durch den Einsatz entstanden sind – insbesondere im Hinblick auf Personalaufwand, Fahrzeuge, Koordination mit städtischen Stellen oder sonstige Ressourcen.
RP entwarnt: keine Gefährdung
Der Ludwigsburger FDP-Landtagskandidat Wolfgang Vogt hatte bekannt gegeben, die Entscheidung, die Polizei hinzuzurufen, keineswegs leichtfertig getroffen zu haben. Aber die Sicherheit der Verkehrswege, insbesondere auf einer so stark befahrenen Straße, genieße oberste Priorität, heißt es in einer Mitteilung von Donnerstag. Wenn die Stahlträger bereits offen sichtbar sind, könne das nicht einfach als Lappalie abgetan werden. „Wie dringend der Handlungsbedarf offenbar war, zeigt ja der Umstand, dass die Schäden noch am selben Tag provisorisch wieder verschlossen worden sind.“ Das RP widerspricht dieser Darstellung: Der zu sehende, vermeintliche Stahlträger gehöre zur Übergangskonstruktion der Brücke und habe keine Schäden.
Der FDPler geht in der Pressemitteilung auch auf die Kritik der Grünen-Politikerin ein: „Wenn Frau Gericke glaubt, der monatelange Stillstand bei der Sanierung dieser zentralen Straßenbrücke sei das Ergebnis einer transparenten, an sachlichen Kriterien orientierten Priorisierung durch die Bezirksregierung, dann zeigt das allenfalls, wie wenig den Grünen die Sicherheit im Straßenverkehr bedeutet.“
Verzögerung auch aufgrund Personalengpässe
Das RP vermeldete jüngst, dass sich die Sanierung der Brücke aufgrund von Schwierigkeiten bei der Produktion der neuen Übergangskonstruktionen verschiebt. Hinzu kamen massive Personalengpässe durch Notbaustellen auf Autobahnen sowie unvorhersehbare Krankheitsausfälle.
Die Baufirma habe das RP informiert, nun einen Nachunternehmer zur Unterstützung beauftragt zu haben. Eine erneute Ausschreibung der Maßnahme und Beauftragung einer neuen Baufirma würden das Projekt nur weiter in die Länge ziehen. Das RP betont außerdem: „Es besteht keine Gefährdung für den Verkehr auf der Neckarbrücke.“