Acht Stuttgarter Surfer haben ein Konzept für eine Neckarwelle entwickelt. Volker Sellmeier, Initiator und Sprecher der Gruppe, erklärt, wie die Welle technisch funktioniert.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart -

 
Herr Sellmeier, wie war denn die Resonanz auf die Präsentation der Neckarwelle bisher?
Wir haben wirklich durchweg positive Rückmeldungen bekommen. Nicht nur von den Teilnehmern, die bei der Vorstellung im Cassiopeia dabei waren, sondern auch aus der Politik haben wir viel Zuspruch erhalten. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat zum Beispiel hat sich bei uns gemeldet und will uns unterstützen.
Für die Welle wären ja einige Umbauarbeiten an diesem Neckararm nötig. Was müsste man vor Ort machen?
Für die Welle müssen wir den Fluss an der entsprechenden Stelle, zwischen dem Inselfreibad Untertürkheim und dem Hallenbad, um circa einen Meter aufstauen. Damit sich auch die Strömungsgeschwindigkeit an der Stelle erhöht, muss man gleichzeitig den Flussquerschnitt verringern. Je kleiner der Querschnitt letztlich ist, desto größer ist natürlich auch die Strömungsgeschwindigkeit.
Und wie genau wird die Welle erzeugt?
Durch die Aufstauung des Wassers um einen Meter, fließt das Wasser dahinter dann eine Rampe hinunter, an deren Ende sich ein sogenannter Kicker anschließt. Durch die Winkel der Rampe und des Kickers lässt sich dann auch die Form der Welle beeinflussen. Der Unterschied zwischen Ober- und Unterwasser ist notwendig, um die erforderliche Fließgeschwindigkeit zu erreichen. Durch diesen Kicker ist zum Beispiel auch die Eisbachwelle in München erst so richtig zum Laufen gekommen. Anfangs wurde da einfach ein Brett mit Seilen befestigt. Das ist wie eine Sprungschanze, die das Wasser so lenkt, dass sich eine Welle bildet. Das ist auch schon das ganze Geheimnis dahinter.
Wie geeignet ist dieser Neckararm in Untertürkheim für die Welle?
Von den hydrologischen Bedingungen her ist dies die ideale Stelle. Der Eisbach in München hat zum Beispiel einen Abfluss von circa 25 Kubikmetern pro Sekunde. Pro Meter Wellenbreite benötigen wir einen Volumenstrom zwischen einem und 1,5 Kubikmeter pro Sekunde. Theoretisch ließe sich also mit einem mittleren Abfluss des Neckars von 50 Kubikmetern pro Sekunde an dieser Stelle eine Welle bauen, die sogar doppelt so breit ist wie die Eisbachwelle.
Welche Strömungsgeschwindigkeit wird denn im Neckar benötigt, damit sich die Welle zum Flusssurfen eignet?
Der Neckarkanal hat dort eine etwas stärkere Strömung als der Neckar an sich. Geschätzt, würde ich sagen, sind es etwa 40 Zentimeter pro Sekunde, also 0,3 Meter. Wenn wir den Querschnitt dort halbieren, hätten wir 0,6 Meter. Grob gerechnet brauchen wir für die Welle aber ca. 3,8 Meter pro Sekunde. Das ist aber wirklich nur grob ausgelegt und noch keine finale Berechnung. Das müssen dann richtige Wasserbauingenieure im Rahmen einer Machbarkeitsstudie machen. Aber an sich sollte es bei der Abflussmenge kein Problem sein, wenn wir eben die Möglichkeit haben, das Wasser um einen Meter aufzustauen.
Die Welle würde auf dem Grundstück der EnBW liegen und Auswirkungen auf die Leistung des dortigen Kraftwerkes haben. Was bedeutet das?
Es wird wohl eine gewisse Einbuße bei der Stromproduktion geben. Da sind wir gerade in Gesprächen mit Verantwortlichen bei der EnBW. Grund ist, dass das Wasserkraftwerk eine Fallhöhe von 3,6 Metern hat. Durch den Bau der Welle reduziert sich die Fallhöhe, damit reduziert sich automatisch die Energie, die ich aus dem Wasser ziehen kann.
Wie viel würde das tatsächlich ausmachen?
Bei einem jährlichen Surfbetrieb von vielleicht 30 Prozent, im Winter könnte man die Welle ja bei geringer Nutzung zeitweise abstellen, wären das nach unseren Berechnungen vielleicht 580 Megawattstunden (MWh)/ weniger Strom im Jahr. Das würde etwa acht Prozent der Gesamtenergiemenge entsprechen. Zum Vergleich dazu: Die Energiekosten eines typischen Freizeitbades liegen bei etwa 8000 MWh.
Die Welle müsste also nicht das ganze Jahr über laufen?
Nein, das lässt sich flexibel gestalten. Zudem hat das Wellensystem drei Freiheitsgrade. Das System kann hoch- und runtergefahren werden. Das bedeutet, wir können die Welle auf die Bedürfnisse von Anfängern, Fortgeschrittenen oder Kajakfahrern anpassen. Neben Surfern und Paddlern sind die eine große Zielgruppe der Neckarwelle. Anfänger starten ja gerne etwas langsamer.