Nachdem die Reihe zuletzt stark geschwächelt hatte, kehrt Need for Speed mit dem neuesten Ableger zu seinen Wurzeln zurück – und schnürt ein Paket mit allen Stärken der zurückliegenden Teile, ohne wirklich brillant zu sein.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Manche Erinnerungen bleiben hängen. Für Fans der Rennspielreihe Need for Speed zählt wohl der Moment dazu, mit einem aufgemotzten Boliden zur Snoop-Dogg-Version von „Riders on the Storm“ durchs nächtliche Bayview zu rasen – am besten auf dem Flughafen, wo mit schöner Regelmäßigkeit eine Düsenjet am Auto vorbeirauscht. Mit „Need for Speed Underground 2“ hatte die seit Jahren erfolgreiche Spiele-Reihe ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.

 

Doch das war bereits 2004, und seither ist viel Reifengummi auf dem Pixelasphalt abgerieben worden. Vor allem aber ist Need for Speed mit den jüngsten Ablegern ein bisschen aus der Kurve gedriftet. Mit „Heat“ soll NfS, wie es unter Fans abgekürzt wird, wieder auf die Ideallinie zurückfinden.

Ob Need for Speed nun wieder mit Vollgas in die richtige Richtung rast, haben wir mit der Version für die Playstation 4 getestet.

Stärken

Ein Kniff gefällt besonders am neuen NfS Heat: Der Entwickler Ghost Games hat dem Spiel einen Tag- und Nachtmodus verpasst. Tagsüber wird in einer kontrollierten Rennliga gefahren, nachts illegal gerast und gedriftet, was die Felge hält. Beide Modi bringen unterschiedliche Spielerfahrungen, und wem in früheren Ablegern der Gegenverkehr oder die Polizei auf die Nerven gegangen ist, kann jetzt befreit das Gaspedal durchtreten – allerdings nur tagsüber. Nachts ist die Polizei einem schnell auf den Fersen, wird aber immerhin auf der kleinen Übersichtskarte kenntlich gemacht und kann so umfahren werden. Denn wer erwischt wird, der verliert auf einen Schlag alle Erfolge einer nächtlichen Rennsession. Das erhöht den Druck.

Sehen Sie hier den Gameplay-Trailer zu Need for Speed Heat:

Die Auswahl der Fahrzeuge ist umfangreich und reicht vom 08/15-Japaner bis zum Rennboliden. Alle Autos können in bewährter Manier aufgemotzt werden. Dabei schaltet der Spieler die Tuningelemente nachts mit bei Rennen gewonnener Reputation erst einmal frei, um sie tagsüber mit gewonnenen Preisgeldern dann kaufen zu können. Es lohnt sich, die Fahrzeuge je nach Rennen unterschiedlich zu tunen – es gibt Modi für die Straße, Rennstrecke, Offroad oder Drift.

Grafisch macht NfS Heat eine Menge her: Der wechselnde Tag- und Nachtmodus lässt die fiktive Stadt Palm City unterschiedlich erscheinen, die Umgebungszerstörung überzeugt, auch wenn NfS Heat natürlich ein reinrassiger Arcade-Racer ist und mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Besonders gelungen sind die Spiegel- und Lichteffekte sowie der Regen.

Schwächen

Um bei der Grafik zu bleiben: Das Renngeschehen läuft größtenteils ruckelfrei ab, nur gelegentlich sind nachladende oder aufpoppende Texturen zu sehen. Die stören nicht wirklich, knabbern jedoch an der Gesamtwertung. Palm City sieht größtenteils sehr hübsch aus, hat aber auch langweilige Abschnitte und erinnert dann an alte GTA-Titel. Hat da jemand „Auffahrtrampen zu Skyscrapern“ gemurmelt? Auffällig ist auch, dass die Stadt kaum belebt ist.

Spielerisch darf niemand eine ernsthafte Rennsimulation erwarten, was aber bei Need for Speed wohl auch keiner tut. „Heat“ liefert eine unkomplizierte Raserei, fühlt sich aber manchmal eher so an, als würde man Matchbox-Autos durchs Jugendzimmer feuern. Ein Schadensmodell spielt nicht wirklich eine Rolle. Ob eine so genannte Gummiband-KI am Werke ist, das Rennfeld also künstlich zusammengehalten wird, um die Spannung zu erhöhen, darüber scheiden sich unter den Fachleuten diverser Videospielmagazine die Geister. Offensichtlich zu spüren war es in unserem Test nicht.

Belanglos wie schon in früheren NfS-Titeln ist die Story mit ihren Hauptmissionen: Der Spieler wählt eine von mehreren vorgeschlagenen Figuren, um in der Rennliga ganz nach oben zu steigen und nebenbei gegen die Polizei von Palm City anzurasen, die nicht mit fairen Mitteln kämpft.

Fazit

Need for Speed Heat holt viel von dem 15 Jahre alten, legendären Underground 2 in zeitgemäßer Optik auf die Flachbildschirme von heute und lässt die diversen Designausrutscher vorangegangener Titel vergessen. Dass dem Spieler das letzte Quäntchen Magie fehlt, liegt vielleicht eher daran, dass aus dem Genre der Rennspiele ein bisschen die Luft raus zu sein scheint.

Need for Speed Heat ist für Playstation 4, Xbox One und PC erschienen und kostet etwa 60 Euro.

Grafik 3,5 von 5

Spielspaß 4,5 von 5

Atmosphäre 3,5 von 5