Derzeit findet in Neidlingen der beliebte Zwetschgenmarkt statt. Die Landfrauen wollen sich wegen Überlastung und aus Altersgründen davon zurückziehen. Das würde eine große Lücke ins gastronomische Repertoire reißen.

Neidlingen - Noch so ein Jahr, dann wird’s mit dem Moschd nix und der Strom des Zwetschgenwässerles kommt auch zum Versiegen. Solch ein Malheur malte beim letztjährigen Zwetschgenmarkt der Neidlinger Brenner und Obstbauer Ernst Hitzer an die Wand, nachdem ein verheerender Frosteinbruch im April alle Hoffnungen auf eine passable Ernte im Oberen Lindachtal hat schwinden lassen.

 

Die Gefahr, dass Mostfreunde und die Genießer von Hochprozentigem schon bald auf dem Trockenen sitzen, ist mittlerweile mehr als gebannt, wie ein Blick auf die ratzvollen Bäume zeigt. Dafür aber türmen sich dunkle Wolken über einem Bereich auf, der sozusagen zu den Grundfesten des Zwetschgenmarkts neuerer Prägung gehört: Die Landfrauen, die zu Beginn der 1970er Jahre den jahrhundertealten Markt wiederbelebten und programmatisch unter ihre Fittiche nahmen, wollen sich zurückziehen. Nicht aus Übermut, sondern weil sie altersbedingt an ihre Grenzen gekommen sind, wie die Ehrenvorsitzende Rosemarie Rieker (79) „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ unterstreicht. Und weil ganz offenbar der Nachwuchs fehlt.

Zwetshcgenmarkt ohne Mambele kaum vorstellbar

Damit holt die Frauenriege just jenes Naturgesetz ein, das schon die ursprünglich präsentierten alten Handwerkskünste und ihre Vertreter ereilte: Die Fertigkeiten von Drechsler, Seiler, Wagner und Korbmacher verschwanden spätestens mit dem Tod ihrer letzten Exponenten. In Neidlingen ist es grad noch der 79-jährige Hermann Hepperle, der mit seiner nur wenig jüngeren Sensendengelmaschine die historische Fahne hochhält.

Sollten die Landfrauen tatsächlich von der Marktfahne eilen und es keine Nachfolgegruppierung geben, dann dürfte das eine große Lücke ins gastronomische Repertoire reißen. In der alten Feuerwehrhalle in der Kirchstraße, all die Jahre feste Anlaufstelle für die schon älteren Jahrgänge, fehlten so Klassiker wie Wurstknöpfle in der Brüh’ oder Leberkäs mit Kartoffelsalat. Dazuhin das Salzgebäck Mambele, fast schon ein Nationalgebäck unterm Reußenstein, sowie Kaffee mit selbstgebackenem Kuchen. Beim Backen der Mambele hat sich, wie es heißt, all die Jahre Lina Burkhardt mit Familie große Verdienste erworben.

Die Vorgeschichte des geschlungenen Gebäcks hat übrigens Rose Rieker einmal in einem größeren Zeitungsbeitrag festgehalten. Nachdem der Fantasiename bei einer Nachsitzung des Gemeinderats mit ihrem Mann Ulrich, dem damaligem Schultes, in der Krone bei einem scherzhaften Geplänkel mit Weilheimer Postlern aufgekommen sei, habe Rieker die Chance zu einem ortsspezifischen Gebäck erkannt – und den Bäcker Peter Chmela mit der praktischen Umsetzung des Projekts betraut.

Unterstützung möglciherweise von anderer Seite

Für Neidlingens Bürgermeister Klaus Däschler ist beim Rückzug der Landfrauen das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er sei „guter Hoffnung“, sagt der Schultes, und setzt auf eine „vereinsübergreifende Unterstützung“. Das Thema, so Däschler, sei bereits bei der jüngsten Vereinsbesprechung erörtert worden.

Der Zwetschgenmarkt – und das Zwetschgenfest finden vom 21. bis 23. September in der Kirchstraße in Neidlingen statt.