Die Realschule arbeitet anschaulicher und handlungsorientierter als die Gymnasien. Deshalb sollten Kinder, die sich nur bedingt mit theoretischen Inhalten auseinander setzen wollen, eher zu dieser Schulart tendieren.

Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Stuttgart - Immer öfter entscheiden sich Eltern zusammen mit ihren Kindern für einen „goldenen Mittelweg“: Seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung haben Realschulen mehr denn je mit heterogenen Klassen zu tun, in denen sehr schwache, aber auch sehr starke Schüler sitzen. Schüler mit Gymnasialempfehlung und jene mit Werkrealempfehlung kommen auf die Realschule, weil sie sich entweder einen besseren Abschluss zutrauen oder aber das Gymnasium für zu anspruchsvoll und zeitaufwendig halten.

 

Viele Eltern sehen außerdem den Besuch der Realschule mit anschließendem Abitur an einem beruflichen Gymnasium als besser geeignet für ihr Kind an: So können diese G8 und den damit verbundenen erhöhten Arbeitsdruck vermeiden und das Kind kann dafür in 13 Schuljahren das Abitur erreichen.

Fred Binder, Rektor der Vaihinger Robert-Koch-Realschule und Geschäftsführender Schulleiter der Stuttgarter Realschulen, hat diese Erfahrung mit Schülern, die eigentlich eine Gymnasialempfehlung haben, bereits in den vergangenen Jahren häufig gemacht. „Die Realschulen versuchen in der Folge davon, nicht nur die Schwachen zu fördern, sondern auch die Starken.“ Etwa ein Drittel der Absolventen an der Robert-Koch-Realschule macht danach noch das Abitur.

Das Wichtigste ist, dass das Kind sich an seiner Schule wohl fühlt

Grundsätzlich sei es für Eltern wichtig zu wissen, dass die Realschule anschaulicher und handlungsorientierter arbeite als die Gymnasien, sagt Fred Binder. „Das zeigt sich an Fächern wie Technik und Mensch und Umwelt, wo gekocht und geschreinert wird.“ Deshalb sollten gerade Kinder, die eher über praktische Talente verfügen und sich nur bedingt mit theoretischen Inhalten auseinander setzen wollen, eher zur Realschule als zum Gymnasium tendieren. Das Abitur könnten sie auch noch später nachholen, wiederholt Fred Binder.

Trotzdem sollten Kinder, die auf die Realschule wollen, genauso wie angehende Gymnasiasten, dazu bereit sein, sich auch einmal über das verlangte Maß hinaus mit Themen in verschiedenen Fächern zu befassen. Sie sollten Aufgaben sorgfältig vor- und nachbearbeiten, um dem Unterricht zu folgen und interessiert mitzuarbeiten.

Doch das wichtigste, so Fred Binder, sei, dass das Kind sich an seiner künftigen Schule wohlfühle. „Heute entscheiden viele Eltern mit ihren Kindern gemeinsam über die zukünftige Schule, das finde ich auch gut so.“ Ein wichtiges Kriterium sei die Atmosphäre an einer Schule, beim Tag der offenen Tür können sich Schüler mit ihren Eltern zusammen in den Schulen umsehen.

Eltern sollen Profile und Anforderungen nicht außer Acht lassen

Viele Schulen bieten außerdem unterschiedliche Profile an. Die Robert-Koch-Realschule beispielsweise ein ausgefeiltes musisches Profil. „Wir haben in jeder Jahrgangsstufe zwei Klassen, in denen jedes Kind ein Instrument spielt.“ An manchen Realschulen gibt es einen bilingualen Zug, manche bieten besondere Theater-AGs oder Musicalprojekte, Lernförderungen oder Integrationsprojekte an.

All das habe aber auch noch nicht jenen Aspekt verdrängt, der früher maßgeblich über die Wahl der Schule entschieden hatte: die Wohnortnähe. „Das ist weiterhin natürlich entscheidend für viele Schüler und Eltern, obwohl manche auch in eine spezielle Innenstadtschule dann eben mit der S-Bahn fahren“, sagt Fred Binder. Viele Eltern sind auf eine wohnortnahe Schule angewiesen. Dabei sollten sie aber auch die Profile und Anforderungen nicht außer Acht lassen, meint Fred Binder. „Es ist schon wichtig, sich die Schule vorher einmal anzuschauen und sich über individuelle Fördermöglichkeiten und Interessengruppen dort zu informieren.“