Mit seiner ablehnenden Haltung zur Vermögensteuer sorgt der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann innerparteilich für Ärger. Der linke Flügel der Grünen ist da ganz anderer Meinung.

Stuttgart - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat ein Jahr vor der Bundestagswahl mit seinen ablehnenden Äußerungen zur Vermögensteuer einen internen Streit der Grünen neu entfacht. „Wir sollten nicht noch einmal den Fehler machen, aus den eigenen Reihen dem politischen Gegner vor der Bundestagswahl die Zitate für deren Wahlkampf zu liefern“, sagte der frühere grüne Spitzenkandidat, Jürgen Trittin, der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Donnerstag) mit Blick auf die Erfahrungen des Wahlkampfs 2013.

 

Schützenhilfe von der CDU

Eine Vermögensteuer tangiere nicht die Investitionsfähigkeit. „Wir sollten nicht jedes Märchen glauben, das die Lobby der Superreichen erzählt, auch wenn sie sich selbst Familienunternehmer nennen“, sagte Trittin dem Blatt. Schützenhilfe bekam Kretschmann hingegen von der CDU-Fraktion.

Kretschmann hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt, er sei „strikt“ gegen Steuererhöhungspläne aus Teilen der Grünen-Bundespartei. „Solchen Plänen wird die Landesregierung von Baden-Württemberg nicht folgen“, betonte Kretschmann.

CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart sieht den Regierungschef „voll auf CDU-Kurs“. „Steuererhöhungen schaden unserem Mittelstand und damit Arbeitsplätzen und Wachstum“, sagte er. Kretschmann stehe intern mächtig unter Feuer, auch weil sich der baden-württembergische Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand auf die Trittin-Seite geschlagen habe. „Innerhalb der Partei der Grünen verläuft ein tiefer Riss“, konstatierte Reinhart.

Hildenbrand hatte sich zuvor von Kretschmanns Haltung distanziert. „Die Besteuerung von hohen Vermögen ist ein Gebot der Steuergerechtigkeit“, sagte er dem „Badischen Tagblatt“ (Donnerstag). In Deutschland bestehe „eine starke Ungleichheit“. Vermögen würden nur geringfügig, Durchschnittseinkommen aber sehr hoch belastet.

Forderung vom linken Parteiflügel

Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) stellte klar: „Dieses Bürokratiemonster ist mit der Südwest-CDU sowieso nicht zu machen. Wir haben die Zukunft unserer Familienbetriebe und die Ausbildungs- und Arbeitsplätze fest im Blick.“ Eine Vermögenssteuer wäre nach Ansicht des Innenministers Gift, das den Standort Deutschland und insbesondere Baden-Württemberg nachhaltig beschädigen würde. „Es ist spannend, ob sich vor der Bundestagswahl im nächsten Jahr wieder Trittin oder diesmal Kretschmann durchsetzt“, fügte er hinzu.

Eine Vermögensteuer wird vom linken Parteiflügel um Grünen-Bundeschefin Simone Peter gefordert. Diesem gehört auch der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, an. „Wir brauchen eine gerechtere Besteuerung in Deutschland. Es muss klar sein, dass große Vermögen dazu einen Beitrag leisten“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag). „Sonst wird das Gerechtigkeitsempfinden in der Bevölkerung massiv beschädigt. Dazu gehört aus meiner Sicht eine Steuer auf hohe Vermögen.“ Über das Steuerkonzept der Grünen werde bei der nächsten Bundesdelegiertenversammlung im Herbst entschieden, fügte er hinzu.

In Deutschland gibt es eigentlich eine Vermögensteuer, sie wird aber seit den 90er-Jahren nicht mehr erhoben. Auch der linke Flügel der SPD will die Steuer für Reiche zurück.

Bei der Bundestagswahl 2013 waren die Grünen mit ihrem Steuerwahlkampf wenig erfolgreich und sackten auf 8,4 Prozent. Kretschmann hatte seine Partei damals gewarnt, Bürger und Unternehmer mit allzu vielen Steuern belasten zu wollen. Damals konnte er sich aber nicht durchsetzen. Letztlich stimmte er einem Kompromiss zu - eine Entscheidung, für die er Kritik vor allem aus der Wirtschaft einstecken musste und die er heute als Fehler sieht.