Noch deutlicher wurde man auf der Straße. So kamen schon am Nachmittag nach der Razzia Hunderte von Jenaer Bürgern zu einer Spontandemo zusammen. Von Rambo-Manier war hier die Rede und davon, dass Thüringen offenbar nur eine Kolonie von Sachsen sei. Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD), der ebenfalls am 19. Februar gegen den Aufmarsch der Neonazis protestiert hatte, kündigte an: "Wir werden wieder in Dresden sein. Wir lassen uns von denen nicht einschüchtern." Bei alledem agierte die Dresdner Polizei wohl in einer rechtlichen Grauzone. Denn grundsätzlich sind solche Einsätze in anderen Bundesländern zulässig und auch Praxis. Doch regelt ein "Abkommen über die erweiterte Zuständigkeit der Polizei der Länder bei der Strafverfolgung", dass dies, außer wenn Gefahr im Verzug ist, nur "im Benehmen mit der zuständigen Polizeidienststelle" erfolgt. Für Johannes Lichdi von den sächsischen Grünen liegt damit ein Verstoß gegen das Thüringer Polizei-Organisationsgesetz vor.

 

Überdies deutete bisher nichts darauf hin, dass der rauschebärtige Pfarrer, der auch im Jenaer Stadtrat sitzt, überhaupt ins Visier der Dresdener Staatsanwaltschaft geraten war - "zumal sechs Monate nach den Vorfällen", moniert der Rechtsexperte der sächsischen Linken, Klaus Bartl. König selbst weist denn auch alle Vorwürfe von sich. Nie habe er über seinen Lautsprecher gerufen: "Deckt die Bullen mit Steinen ein!" Das sei überhaupt nicht die Terminologie, der er sich bediene. Ihm gehe es darum, Menschenleben zu schützen.

So vermutet König vielmehr eine Art Racheaktion gegen seine Person. Denn im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte er erst jüngst die Polizeiarbeit in Sachsen harsch kritisiert. Im Kontext der Ermittlungen nach dem Neonaziaufmarsch im Februar warf er ihnen SED-Methoden vor. Dadurch sei er wohl ins Visier der Ermittler geraten, mutmaßt er.