„The Playlist“ erzählt, wie Spotify zum erfolgreichsten Musikstreamingdienst der Welt wurde. Von anderen Start-up-Verfilmungen hebt sich die Serie mit einer brillanten Idee ab – die zugleich aber auch ihre größte Schwäche ist.

Volontäre: Jana Gäng (jkg)

Und wieder hat es bei Daniel Ek länger gedauert als bei Steve Jobs. Bereits 2015 erschien eine Filmbiografie über den verstorbenen Apple-Mitbegründer Jobs, der den US-Markteintritt von Konkurrent Spotify dank Beziehungen zu den großen Record Labels lange verzögert haben soll. Nun kann man sich in einer Netflix-Miniserie ansehen, wie der Schwede Ek Spotify gründete und zum erfolgreichsten Musikstreamingdienst der Welt machte – vor Apple Music. „The Playlist“ von Regisseur Per-Olav Sørensen scheint sich einzureihen in den Reigen, der seit Finchers Zuckerberg-Abhandlung „The Social Network“ die Könige des Silicon Valley porträtiert. Auch Spotifys Geschichte ist die des ehrgeizigen Tech-Nerds. Nur ist das nicht die Geschichte von „The Playlist“ – nicht nur. Statt um Ek zu kreisen, steht in jeder der sechs Episoden eine andere Figur im Mittelpunkt. Das ist die großartige Idee des Drehbuchs von Christian Spurrier – und zugleich auch die größte Schwäche der Serie.

 

Piraten und Record Labels im Kampf der Ideologien

Als Ek und Martin Lorentzon Spotify im Jahr 2006 gründeten, ist die Musikwelt gespalten. Da sind die Streamingwebsites, illegal und doch überall. Die Piraten glauben, dass Kunst frei zugänglich sein sollte. Und da sind die Record Labels, denen die Einnahmen weggebrochen sind. Die allein bei der Erwähnung kostenloser Musik Dinnerpartys mit Wutausbruch beenden. Diesen Krieg der Anschauungen personifiziert „The Playlist“ mit Sony-Boss Per Sundin (Ulf Stenberg).

Niemand hasst kostenlose Musik so sehr wie er: Label-Boss Per Sundin (Ulf Stenberg). Foto: Netflix

Sundin existiert, doch das in Teilen fiktive Drehbuch scheint mehrere Personen in ihm zu verdichten: Sein Hass auf Spotify jedenfalls erinnert sehr an den damaligen Warner Music-CEO Edgar Bronfman jr. Niemals werde er Lizenzen an eine kostenlose Streamingplattform geben, soll der gesagt haben.

„The Playlist“ hat keine Angst, Spotify zu kritisieren

Piraten gegen Labels ist nicht der einzige Konflikt, den „The Playlist“ aufmacht. Dass Künstler wie Taylor Swift ihre Musik mit dem Vorwurf von Spotify nahmen, der Dienst entlohne sie nicht fair, verarbeitet die Serie mit dem Charakter der Sängerin Bobbi T. Daniel Ek unkritisch als Genie abzufeiern, kann man „The Playlist“ gewiss nicht vorwerfen.

Dass unbekannte Künstler kaum von Spotify-Einnahmen leben können, verkörpert die fiktive Figur der Sängerin Bobbi T. Foto: Netflix

Es ist genial, die visuell kaum umsetzbaren Ideologie-Konflikte zur persönlichen Geschichte einzelner Charakter zu machen, statt sich auf Ek zu versteifen. Nur bleiben die übrigen Figuren zu oft genau das: Schablonen für etwas Größeres. In vielen Episoden fehlen vielschichtige Charaktere und Nebenhandlungen. Bei Sony-Boss Sundin geriert selbst das Gespräch mit dem Sohnemann zur Version des Generationenkonflikts: „Dass die Künstler dafür kein Geld sehen, ist für dich kein Problem?“, fragt er den Jungen, der illegal Musik streamt – Dialoge von einer Subtilität der Ideologiekeule.

Daniel Ek schwankt zwischen Visionär und Wutausbruch

Überzeugen kann die Serie, wenn sie mehr als einen Charakterzug der Hauptperson zulässt. Wie positiv stechen Höhenflug und Fall des Co-Gründers Martin Lorentzon heraus, von Christian Hillborg als weitsichtiger und herrlich alberner Investor porträtiert. Als eine der wenigen Figuren sorgt er für Komik. Hervorzuheben ist auch Edvin Endre. Spotify mag Marktführer sein, doch Daniel Ek kennt hierzulande kaum einer. Endre gibt ihm das Gesicht eines kalkulierenden Visionärs, der Musik liebt – aber Wachstum noch mehr. Den Blick immer etwas abwesend, bleibt die Figur Eks zwischen Vorträgen zur Zukunft der Musik und spontanen Wutausbrüchen im besten Sinne unscharf. Es passt zu Ek, der die Öffentlichkeit stärker scheut als Zuckerberg oder Elon Musk.

Herrlich hyperaktiv: Christian Hillborg als Co-Gründer Martin Lorentzon Foto: Netflix

Blass im weniger guten Sinne bleibt der Soundtrack, mit Ausnahme der Performances von Janice Kamya Kavander als Bobbi T. Im Gegensatz dazu ist das Szenenbild grandios – bei einer Serie über Spotify ist das fast ein wenig ironisch. Denn mit einem Vorstoß, auch in das Fernsehstreaming einzusteigen, scheiterte der erfolgreichste Musikstreamingdienst der Welt.