Das Gesetz gegen Hetze in sozialen Netzwerken hat erhebliche Mängel. Es gibt vielerlei Optimierungsbedarf.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Viele benehmen sich in der virtuellen Welt, als sei es der Wilde Westen. Die Kultur der Kommunikation bei manchen Unterhaltungen in sozialen Netzwerken ist äußerst primitiv. Wer jetzt reflexhaft „Meinungsfreiheit“ ruft, hat das Wesen dieses Grundrechts nicht begriffen. Es begründet keinen absoluten Anspruch auf Hetze und Häme. Über allem steht die die unantastbare Würde auch derjenigen, über die gelästert wird. Inflationären Beleidigungen und Volksverhetzungen ist dringend Einhalt zu gebieten. Das ist nicht nur eine Frage der politischen Hygiene, sondern auch des Strafrechts.

 

Einheitliche Standards wären notwendig

Das Gesetz gegen Hassbotschaften im Netz bedeutet in dieser Hinsicht einen Fortschritt. Es hat sich nach einem Jahr jedoch nur als beschränkt tauglich erwiesen. Es gibt vielerlei Optimierungsbedarf: Die Beschwerdewege müssen verkürzt und begradigt werden. Zudem wären einheitliche Standards für das Löschen und Sperren anrüchiger Inhalte sinnvoll. Und schließlich bedarf es einer funktionstüchtigen und kurzfristig handlungsfähigen Beschwerdeinstanz, die für Zweifelsfälle zuständig ist – und letztlich auch darüber wachen sollte, dass bei massenhaften Eingriffen in die Meinungsfreiheit nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Bei drastischen Fällen jedoch genügt nicht die Löschtaste. Sie müssen vor Gericht.