Für den Dokumentarfilm „Weil du nur einmal lebst“ über die Toten Hosen hat die Filmemacherin Cordula Kablitz-Post die Düsseldorfer Rockband auf ihrer Tournee 2018 begleitet.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Dokumentationen über drei der mit Abstand größten deutschen Bands sind in den vergangenen Jahren ins Kino gekommen: 2015 „Scorpions: Forever and a Day“, 2016 „Rammstein: Paris“ und jetzt „Weil du nur einmal lebst – die Toten Hosen auf Tour“. Der Film über die Berliner Rockband Rammstein bietet erwartungsgemäß die uninspirierteste Musik, allerdings zeigt dieser – von Jonas Åkerlund eindrucksvoll in Szene gesetzte – Mitschnitt eines Konzerts in der französischen Hauptstadt die schönsten Bilder. Der Scorpions-Film begleitet die Rockband aus Hannover bei Konzerten in Riesenarenen rund um den Globus und zeigt somit auch, warum – wie auch immer man das finden mag – sie die weltweit bekanntesten lebenden deutschen Künstler sind.

 

Und die Rockband aus Düsseldorf? Sie lässt sich von der Filmemacherin Cordula Kablitz-Post auf ihrer 2018er Tour von den mittlerweile ganz schön großen Schauplätzen (etwa dem Cannstatter Wasen) bis zu den Clubkonzerten (zum Beispiel dem legendären SO 36 in Kreuzberg) begleiten, inklusive eines Abstechers in die Zweitwahlheimat der Band nach Argentinien. Gezeigt wird eine Melange aus heiteren Backstageeindrücken, nachdenklichen Reflexionen über das Rockstarleben, schwitzender Bühnenverausgabung und zurückgelehntem Nachdenken über Deutschland.

Langeweile kommt nie auf

Jede Sekunde der insgesamt 107 Minuten dieses Films kann man sich bestens angucken, Langeweile kommt hier nie auf. Das liegt auch daran, dass diese Dokumentation den Hörsturz nicht vorenthält, den Campino während der Tour und somit bei den Dreharbeiten erlitt, welcher die Band zu einer fünfwöchigen Pause zwang. In den dazugehörigen Szenen werden, so profan es klingen mag, auch die Menschen hinter den Stars sichtbar, Verzweiflung und Zukunftsangst des Sängers, seine Bandkollegen zwischen Mitgefühl und Bestürzung sowie das Faszinosum, wie eine kleine individuelle Indisponiertheit eine riesige Maschinerie zum Erliegen bringen kann.

Zwar kurz gezeigt, aber gar nicht weiter kritisch thematisiert wird hingegen die nächtliche Eskapade rund um den kleinen Einbruch in ein Schwimmbad nach dem Konzert in Dresden im vergangenen Juni, für den die Band nach gewaltiger öffentlicher Empörung in einem Entschuldigungsschreiben um „Vergebung“ bitten musste. Die alles entscheidende Frage schließlich, wie viel ein vor fünfzigtausend sich in den Armen liegenden Fans vorgebrachtes „An Tagen wie diesen“ noch mit Punkattitüde zu tun hat, wird nach gut neunzig Minuten in diesem Film erstmals und in nur wenigen Sekunden lapidar gestreift.

An Szenen wie diesen zeigt sich dann leider, dass dieser Film bei aller handwerklichen Güte und allen schönen Bildern letztlich doch auf einem sehr schmalen Grat zwischen erhellender Dokumentation und inszenierter PR wandelt. Er stürzt nicht ab, aber er taumelt bisweilen bedenklich.