Elisabeth Olsen spielt Charakterrollen genauso wie Superheldinnen. Im Film „Wind River“ agiert sie als FBI-Agentin.

Los Angeles - Im Marvel-Universum mimt Elisabeth Olsen die Superheldin Scarlet Witch. In dieser Rolle kommt sie im April in „Avengers: Infinity War“ in die Kinos. Derzeit ist sie an der Seite von Jeremy Renner im Thriller „Wind River“ zu sehen. Wir trafen die 28-Jährige in Cannes.

 
Frau Olsen, als FBI-Agentin im Indianerreservat sind Sie in „Wind River“ die Außenseiterin. Wie vertraut sind Sie mit dem Leben in den Reservaten?
Gar nicht, erschreckenderweise. In der Schule und in den Medien erfährt man wenig bis gar nichts über diese Welt. Das Einzige, wovon man etwas hört, sind die Casinos, die in diesen Reservaten betrieben werden. Das ist ziemlich bedauerlich, immerhin sind die Menschen, die dort leben, unsere Nachbarn. Aber ich hoffe sehr, dass sich vielleicht künftig daran etwas ändert.
Mussten Sie also viel recherchieren?
Nein. Ich konnte mich auf das verlassen, was mir unser Regisseur Taylor Sheridan und sein Drehbuch berichteten. Wobei ich sagen muss, dass mir viele der Regelungen und Gesetze rund um diese Reservate bis heute sehr rätselhaft und ungerecht erscheinen. Allein die Zuständigkeit bei innerhalb des Reservats begangenen Verbrechen – das ist schwer nachvollziehbar. Vieles erscheint mir bewusst so geregelt zu sein, dass es immer eine Abgrenzung gibt zwischen „denen“ und uns. Sehr traurig.
Gehörte eine spezielle Vorbereitung zu Ihrer Rolle in „Wind River“?
In diesem Fall ging es vor allem um physisches Training. Natürlich habe ich auch schon körperliche Rollen gespielt, wie etwa die in „Avengers: Age of Ultron“. Aber ich hatte zum Beispiel keine Ahnung, wie man eine Pistole richtig hält. Und mir war es wichtig, als FBI-Agentin selbstbewusst auftreten zu können. Deswegen habe ich viel trainiert mit Leuten, die als Polizisten oder Agenten gearbeitet haben. Dadurch gewann ich Einblicke, nicht nur in die körperlichen Aspekte der Jobs, sondern auch in die Persönlichkeiten dieser Menschen.
Wo Sie die „Avengers“ erwähnen: Wie war das Wiedersehen mit Jeremy Renner, der ja auch einen der Superhelden spielt?
Oh, ich liebe es, mit Jeremy Renner zu arbeiten. Und bei „Age of Ultron“ hatten wir ja gar nicht so viel zu tun, deswegen habe ich ihn bei „Wind River“ noch viel besser kennengelernt. Er ist ein ungewöhnlich seelenvoller Mann – und vor allem ein sehr pragmatischer Problemlöser. Sowohl er als auch ich und unser Regisseur Taylor Sheridan waren sehr offen und direkt in der Kommunikation. Keiner war irgendwie empfindlich oder schnell beleidigt.
Ihre großen Schwestern waren schon als Kinder erfolgreich. War Ihnen immer klar, dass Sie auch Schauspielerin werden wollen?
Im Gegenteil. Anders als meine Schwestern war ich keine professionelle Kinderschauspielerin. Ich stand zwar hin und wieder für ihre Filme vor der Kamera, aber Schauspielen war für mich immer nur ein Hobby, wie Volleyball oder Tanzen. In der Schule war ich richtig gut, und es war keine Frage, dass ich studieren will. Ich habe Jura erwogen, auch Rechnungswesen. Dass mein Herz eigentlich für die Schauspielerei schlug, musste ich mir erst einmal eingestehen.
Bei Ihren Filmen sind die „Avengers“ oder „Godzilla“ die Ausnahmen, meistens drehen Sie kleine, wenig kommerzielle Filme. Wonach suchen Sie sich Ihre Rollen aus?
Dahinter steckt null Strategie. Ich denke weder an meine Karriere noch an mein Image. Das Einzige was zählt, sind Fragen wie: Was interessiert mich? Was finde ich lustig? Was würde ich selbst gerne auf der Leinwand sehen? „Wind River“ hat mich einfach gepackt, dafür würde ich sofort ins Kino gehen. Und „Ingrid Goes West“, den ich danach gedreht habe, wollte ich vor allem deswegen machen, weil ich das super schräg und amüsant fand – und man mir noch nie eine Rolle in einer Komödie angeboten hatte.