In jeder Unternehmung steckt die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht klappt. Doch die Sackgasse ist eine Chance für eine Richtungsänderung.  

Try and Error heißt es im Umgang mit den Dingen, die man nicht vorhersehen kann. Ausprobieren, Planen und Wagen - in jedem Versuch steckt immer die Möglichkeit des Scheiterns. 'Diese Tatsache muss man sich bewusstmachen und akzeptieren', sagt Cornelia Spangler von der Coachingakademie roots & wings academy + friends. Die Trainerin arbeitet mit Menschen in Krisensituationen und unterstützt sie dabei, zunächst einen Schritt zurückzutreten. Dadurch kann die Situation, etwa eine drohende Insolvenz oder ein Jobverlust, aus einer sachlichen Perspektive betrachtet werden. 'Mit dem Scheitern sind sehr viele Emotionen verbunden, wie Zukunftsangst oder die Scham vor der Reaktion anderer', sagt die 52-Jährige. Diese Emotionen gilt es zur Seite zu nehmen, um eine realistische Analyse des Ist-Zustands zu erstellen.

 

Denn ob Geschäftsführer oder Arbeitsloser, man unterliegt äußeren Zwängen, finanzieller oder bürokratischer Art. 'Bis zu einem gewissen Grad muss man funktionieren', weiß Spangler. Dass Menschen in schweren Zeiten funktionieren können, davon ist Krisenpsychologe Georg Pieper überzeugt. 'Der Mensch ist in der Lage, in Ausnahmesituationen ungeahnte Kräfte zu entwickeln und Ressourcen zu nutzen, von deren Existenz er bis dahin keine Vorstellung hatte', sagt der promovierte Psychologe. Er spricht von der heutigen Zeit als 'Krisen- und Überforderungsgesellschaft'. Cornelia Spangler stimmt dem zu und führt aus: 'Weil wir in unserer Unternehmerkultur immer höher, besser, weiter und schneller sein müssen, ist Scheitern quasi vorprogrammiert', sagt die Trainerin. Aber was tun, wenn jemand mal richtig auf die Nase gefallen ist?

Durch Aktivismus das Ende vermeiden

'Nach der sachlichen Reflexion der Situation analysiert man am besten, woran man gescheitert ist', sagt Spangler. Denn beispielsweise mit der gleichen betriebswirtschaftlichen Aufstellung neu zu beginnen, sei schlichtweg dumm. Wichtig sei, betont Krisenpsychologe Pieper, das Geschehene nicht zu verleugnen und zu verschweigen. 'Gesteht man sich das Scheitern eines Zieles oder einer Idee nicht ein, sondern versucht durch Aktivismus das Ende zu vermeiden, macht man es meist schlimmer', stimmt Spangler zu. Vielmehr solle man sich klarmachen, dass mit einer missglückten Geschäftsidee nicht der Mensch in seiner Gänze gescheitert ist.

Klar sei, dass aus etwas Gescheitertem etwas Neues mit mehr Kraft hervorgehen kann. 'Scheitern reguliert', erläutert Spangler. Leider kann der Betroffene die positiven Aspekte erst mit einer gewissen zeitlichen und emotionalen Distanz sehen. 'Wenn es gelingt, offen darüber zu sprechen, ist die Situation des Scheiterns entschärft. Dadurch setzten sich Ressourcen frei, um neu zu beginnen.' Um in einer Krisensituation nicht gleich den Kopf zu verlieren, empfiehlt es sich, sich auf ein mögliches Scheitern innerlich vorzubereiten. Dazu gehöre, immer wieder aus dem Hamsterrad des Tagesgeschäfts auszusteigen und die eigene Situation zu überdenken: Wie wahrscheinlich ist es, dass meine Ideen fruchten? Was tue ich, wenn mir das Geld ausgeht? Wie kann ich aus meinen bisherigen Fehlern lernen und neue vermeiden?

Das sind Fragen, die man sich in einer kleinen Auszeit stellen kann. Georg Pieper empfiehlt, im Vorfeld eine gewisse Krisenkompetenz und -resistenz aufzubauen. 'Wir sollten versuchen, von Menschen zu lernen, die eine ähnliche Situation überstanden haben', sagt der Psychologe. Man solle üben, nicht völlig überrascht und panisch zu reagieren. 'Überlegen Sie sich im Voraus ein mögliches Ausstiegsszenario, einen Plan B', ergänzt Spangler. Sie empfiehlt, sich zwar von Ängsten nicht lähmen zu lassen, sie jedoch ernst zu nehmen. 'Bedenken sind ein Regulat, meistens gibt es einen Grund, warum uns bei manchen Dingen nicht ganz wohl ist', sagt die Trainerin vom Starnberger See. Erfolgstrainer Torsten Will setzt vor, nach und während einer Krise auf positives Denken. All unsere Probleme und Problemchen im Alltag seien in Wirklichkeit Herausforderungen und Chancen, die geradezu danach schreien, genutzt zu werden. Jede misslungene Unternehmung bringe per Ausschlussverfahren dem näher, was erfolgreich und produktiv ist. Und der vom Niederrhein stammende Sohn eines erfolgreichen Unternehmers spricht aus eigener Erfahrung.

"Ich habe meine Sieben-Minuten-Frustration täglich"

Als er 13 Jahre alt war, verlor sein Vater die Firma, und das private Vermögen der Wills wurde vernichtet. Die Familie war völlig ruiniert, lebte bei der Großmutter und von deren Rente. Will verlor seine positive Einstellung nicht und unterstützte enthusiastisch durch Nebenjobs die Familie finanziell. Er trug seinen Teil dazu bei, die elterlichen Schulden von 22 Millionen Mark zu tilgen. Heute lehrt der Vertriebsprofi, Freude an der eigenen Tätigkeit zu haben und von positivem Denken erfüllt zu sein. 'Auch mich nimmt Frust immer wieder gefangen. Ich habe meine Sieben-Minuten-Frustration täglich', gibt der Trainer zu. 'Doch beim Schlag in die Magengrube muss man sich immer wieder selbst motivieren', sagt Will.

Die Frage sei, wie wir den Dingen, die uns passieren, begegnen. 'Es gibt keine schlechte Situationen, sondern nur ihre falsche Deutung', erläutert Will seine Philosophie. Aus jeder Situation könne man etwas herausholen - und wenn es die tolle Geschichte ist, mit der man am Stammtisch viele Lacher einholt. 'Wichtig ist es, die Perspektive zu wechseln und das Scheitern aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten', sagt der Rheinländer. Man solle sich nicht auf die Dinge konzentrieren, die stören, sondern die Umwelt positiv gestalten. So manipuliert Will seine Emotionen gezielt mit positiver Körpersprache. Wer beispielsweise gebückt geht, dem droht schlechte Laune. Denn ein krummer Rücken bewirke, dass Hormone ausgeschüttet werden, die bei Depressionen häufig vorkommen.

Manchmal treibt Torsten Will die Idee des positiven Gedankens auf die Spitze: 'Der platte Autoreifen soll mein Coach sein', so der Erfolgstrainer, 'mein Coach, das Beste aus der Situation zu machen und notfalls die fünf Kilometer zur nächsten Werkstatt im Regen zu Fuß zu gehen.' Dann aber mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen.