Ein Anwohner appelliert an den Bezirksbeirat Mitte, ein Gebäude mit historischer Fassade an der Stuttgarter Ossietzkystraße inmitten von Neubauten vor dem Abriss zu bewahren.

S-Mitte - Das vierstöckige Gebäude an der Ossietzkystraße 6 scheint es vielen angetan zu haben. Ein Anwohner hat sich bei der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats Mitte mit einem Schreiben an das Gremium gewandt. Die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle verlas den Brief bei der jüngsten Bezirksbeiratssitzung im Rathaus. Der Bürger wünschte sich, dass der Bezirksbeirat Mitte für einen Erhalt des Gebäudes mit historischer Fassade unweit des Hauptbahnhofes eintritt.

 

Bekannt ist die Adresse durch eine eigene Seite im Internet mit dem Namen „Ossex“ auf dem sozialen Netzwerk „Facebook“. Sie gefällt derzeit 857 Nutzern. Geworben wird auf der Seite für Kulturveranstaltungen und Partys in dem Haus. Auf der Seite gab es zuletzt einen Eintrag über eine Aftershowparty vor einem Jahr. Wer zu den Filmen oder Feiern einlädt, bleibt rätselhaft. Als Information ist auf Englisch lediglich ein etwas derb formulierter Satz angegeben. Frei übersetzt ist zu lesen: „Was zur Hölle ist Ossex? Wir wissen es nicht.“ Im „Ossex-Haus“ an der Ossietzkystraße gibt es außerdem Wohngemeinschaften und einen Skateboardladen. Er stellt aus den Rollbrettern auch Möbel her. Die Adresse unweit des Hauptbahnhofs scheint ein Magnet für Kreative und Nonkonformisten zu sein. Das Gebäude ist laut Verwaltung im städtischen Besitz.

Anwohner warnt vor Abriss

Der besorgte Anwohner warnte nun in seinem Brief an die Bezirksbeiräte vor einem drohenden Abriss des „Ossex“-Gebäudes. Ihn scheinen ästhetische Bedenken umzutreiben. Weit und breit existiere kein anderes Gebäude, das nicht ein Neubau ist, beklagt er in seinem Schreiben.

Der Anwohner verweist als Grund für seine Sorge auf die geplante Quartierentwicklung unweit des Hauptbahnhofs. Diese erstreckt sich nach den bisher bekannt gewordenen Plänen auch auf die Ossietzkystraße. Der Anwohner schlägt vor, das historische Gebäude von der geplanten Umgestaltung auszunehmen und mit seiner historischen Fassade als Solitär an der Ossietzkystraße zu erhalten.

Hotel wird gebaut

Die Pläne für das neue Quartier in zentraler Lage wurden bereits vor einiger Zeit bekannt. Ein Münchner Immobilieneigentümer hatte die ehemalige Zentrale des Energieversorgers EnBW an der Kriegsbergstraße aus dem Jahr 1975 im Jahr 2015 gekauft. Der neue Besitzer entschied, die Zentrale abzureißen und durch einen Hotelneubau mit 400 Zimmern zu ersetzen Inzwischen gehört der Neubau einem deutschen Versicherungsunternehmen. Es setzt die Pläne fort.

Zeitgleich erwarb ein Stuttgarter Unternehmen die ehemalige Branddirektion an der Heilbronner Straße. Auch an ihrer Stelle soll nach dem Abschluss von Tunnelarbeiten im Zusammenhang mit Stuttgart 21 im Untergrund ein neues Quartier entstehen.

Stadt will Umgestaltung in einem Zug

Bislang ist geplant, das gesamte Areal zwischen Kriegsberg-, Jäger- und Heilbronner Straße in einem Zug zu entwickeln. Laut Verwaltung habe der Siegerentwurf eines städtebaulichen Wettbewerbs zur Entwicklung des Geländes der ehemaligen Branddirektion im vergangenen Jahr tatsächlich eine Neubebauung an der Ossietzkystraße vorgeschlagen.

Noch sei aber nichts entschieden, erklärt eine Sprecherin der Stadt. Das Wettbewerbsergebnis diene zwar als Grundlage für den Bebauungsplanentwurf, der derzeit erarbeitet wird, teilt die Verwaltungssprecherin mit. „Wir arbeiten hier noch mit Alternativen“, erklärt sie. Es gibt also Hoffnung, dass im mysteriösen „Ossex“ auch in Zukunft gefeiert und Kultur genossen werden kann.