Die lange Zeit in Provisorien ist für den Montessori Kindergarten bald vorbei. Die Stadt hat jüngst beschlossen, den Neubau am Keßlerweg großzügig zu unterstützen. Doch die Kinder werden vielleicht enttäuscht sein.
Waldau - Vielleicht werden ein paar der Kinder auch enttäuscht sein, wenn sie Anfang Mai in den Neubau ihres Montessori Kindergartens am Keßlerweg 4 einziehen. Dass ihnen das Holzhaus mit den großen Fenstern nicht gefällt, ist zwar nicht anzunehmen. Aber sie müssen künftig auf die Baustellenbesuche verzichten, die seit Baubeginn im August 2015 auf ihrem Programm standen.
Auch an diesem Tag spaziert wieder eine Gruppe mit ihren Erzieherinnen vom circa 200 Meter entfernten Interimsgebäude zum Sportplatz neben der Baustelle. Und sofort sind drei Kinder bei Jens-Christian Beck vom beauftragten Stuttgarter Architekturbüro Lenz Rösslein Architekten, um ihn zu befragen.
Dass zeitgleich der Sozial- und Gesundheitsausschuss über einen Zuschuss von 1 175 600 Euro für den Neubau und das Interimsquartier berät, dürfte den Kleinen ziemlich schnuppe sein. Den erwachsenen Mitgliedern vom Verein Montessori Kindergarten allerdings nicht. Dass letztlich sowohl der Jugendhilfeausschuss als auch der Sozial- und Gesundheitsausschuss im Gemeinderat einstimmig für die finanzielle Unterstützung votieren, nimmt beispielsweise Markus Bisanz vom Vorstand des Vereins „mit großer Erleichterung“ auf. Mit dem Geld der Stadt, den Bundesmitteln in Höhe von 245 000 Euro und den 500 000 Euro aus der Vereinskasse ist das 1,9 Millionen-Projekt in trockenen Tüchern.
Über 17 Jahre Zwischenlösungen
Mit Nässe hatten die Kindergartenerbauer aber ohnehin nicht zu kämpfen: „Das ist der Vorteil des Holzrahmenbaus“, erklärt der Architekt Josef Lenz. Das Holzgerüst für das 20 auf 18 Meter große Gebäude wurde in einer Zimmerei im Schwarzwald gefertigt. Ein wenig schwieriger war der Baugrund: Jens-Christian Beck erklärt, dass während des Zweiten Weltkriegs auf der Waldau eine große Flak-Stellung war; deshalb finden sich auf dem Gebiet entsprechend Bombentrichter, die nach dem Krieg aufgefüllt wurden – nicht gerade ein stabiler Untergrund. Beck: „Wir mussten ungefähr 900 Tonnen Material austauschen.“
Ansonsten sei die Baustelle schon sehr gut gelaufen, und es habe über das normale Maß keine Probleme gegeben. Damit wird aus Vereinssicht endlich gut, was lange gewährt hat. Denn schon seit 1998 werden Kinder, die den Montessori Kindergarten besuchen, in einem Provisorium betreut: 17 Jahre lang waren sie in Containern auf dem Gelände am Keßlerweg 4 untergebracht. „Die gingen immer mehr kaputt, und 2007 kamen Überlegungen auf, neu zu bauen“, erzählt Josef Lenz. Allerdings gestaltete sich die Suche nach einem Grundstück schwierig. „Die Baugruppe hat immer wieder die Lust verloren“, sagt Lenz. Mit dem Wechsel an der städtischen Verwaltungsspitze 2013 sei es plötzlich gegangen – und mit einem Mal ganz schnell: Im April 2015 wurde der Bau eines neuen Kinderhauses anstelle der Container beschlossen, im Mai die Baugenehmigung erteilt; drei Monate später wurde in der Interims-Kita am Keßlerweg 9 gespielt. Und nachdem der alte Container weg und der Baugrund entsprechend vorbereitet war, stand der Holzbau innerhalb von zweieinhalb Wochen.
Knackpunkt Personal
Inzwischen ist zumindest innen schon der Zweck des zweigeschossigen Hauses erkennbar: Die Türklinken sind oben angebracht; von den Wänden leuchtet es formaldehydfrei in Hellgrün. „Grün ist eine Farbe, die Kinder auffängt“, sagt Petra Meschke. Die Leiterin des Montessori Kindergartens staunt jedes Mal, wenn sie die Fortschritte auf der Baustelle sieht. Der einzige Knackpunkt sei jetzt noch, Personal zu finden. Denn in dem Kinderhaus werden künftig nicht mehr nur zwei Kindergartengruppen, sondern auch zwei Krippengruppen für unter Dreijährige ganztägig betreut. Dank der Spielplatzpropaganda sei die Warteliste schon gut gefüllt, sagt Meschke. Die Freude über den bevorstehenden Umzug ist ihr anzusehen. Dabei hätten sich die Kinder auch im Interimsgebäude wohl gefühlt. Dort hängt noch ein Plakat, auf dem die Nachwuchs-Architekten 2007 ihre Vorstellungen vom idealen Kinderhaus festgehalten haben. Vielleicht wird das eine oder andere Montessori-Kindergartenkind doch enttäuscht: Das Gebäude, das bis in den Weltraum reicht und nicht verlassen werden muss, weil auch die Hochschule dort untergebracht ist, sieht schon toll aus.