Die Senioren haben sich durchgesetzt: Das DRK-Seniorenzentrum Haus am Killesberg im Stuttgarter Norden wird zwar abgerissen, aber sie können trotzdem auf dem Areal bleiben. Doch nun befürchten Anwohner jahrelangen Baulärm und Verkehrschaos.

S-Nord - Die letzte Sitzung des Bezirksbeirats Nord im alten Jahr war von den Bewohnern des Stadtteils so gut besucht wie selten. Grund für das große Interesse: der Tagesordnungspunkt drei: Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) informierte das Gremium über den Stand in Sachen DRK-Seniorenzentrum Haus am Killesberg an der Lehnbachstraße. Bereits in der vorangegangen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik des Gemeinderats hatte Wölfle die Katze aus dem Sack gelassen: Das Seniorenzentrum wird zwar abgerissen. Aber: Vorher wird auf dem Parkplatz des Geländes ein neues Gebäude gebaut (unsere Zeitung berichtete).

 

Für die Senioren bedeutet das einen kleinen Sieg. D enn sie müssen nicht ganz weg, sondern nur ein paar Meter weiter in den Neubau auf dem Parkplatz ziehen und können dort so lange wohnen, bis ihr Heim abgerissen und neu gebaut ist. Da bis zum Umzug mindestens noch vier Jahre vergehen, werden die meisten, zumindest nach der Statistik, ihren Lebensabend doch noch in ihrem Heim verbringen können.

Während die Senioren die vehement gegen den Abriss protestiert hatten, aufatmen können, sind jetzt die Anwohner alarmiert: Sie befürchten, dass durch den Bau eines neuen Stadtquartiers – mit 44 Pflegewohnungen, 45 Einheiten für betreutes Wohnen, 45 stationäre Pflegeplätze und 51 Wohnungen für Familien – der Verkehr in der Lehnbachstraße noch problematischer wird als bisher. „Mit dem neuen Stadtquartier brauchen wir für den Bereich auch ein tragfähiges Verkehrskonzept“, stellte eine Anwohnerin fest und wies daraufhin, dass schon jetzt der Schleichverkehr und im Sommer der Verkehr zum Freibad die Lehnbachstraße an die Grenzen ihrer Kapazität bringe.

Ein anderer Anwohner äußerte Bedenken, weil während der Bauzeit, die 2020 mit dem Baustart auf dem Parkplatz beginnen und 2025 mit der Fertigstellung des Gebäudes auf dem Areal des noch bestehenden Seniorenzentrums enden soll, mit hoher Lärmbelästigung zu rechnen sei. Sein Vorschlag: Statt in zwei Bauabschnitten das Quartier zügig in einem Bauabschnitt fertigzustellen. Anwohner Stefan Höhnle wollte wissen, was passiert, wenn das DRK aus dem Projekt aussteigt und erinnerte daran, dass das DRK das Seniorenzentrum mit dem Argument, es sei unwirtschaftlich, nicht in der bisherigen Form weiterführen will. Die langen Wege fürs Personal zwischen dann zwei Gebäuden würden die Wirtschaftlichkeit nicht fördern, ist er überzeugt. Und Stefan Lanzinger wies per Leserbrief darauf hin, dass die Bewohner nicht mehr leben werden, wenn die Pläne umgesetzt sind, er aber noch „statistisch gesehen“ weitere 30 Jahre dort wohnen wird. Seine Kritik: „Die Beschwerde eines halben Dutzend Bewohner des DRK-Altersheims sowie die Vorstellung der Stadtverwaltung scheinen wohl mehr Gewicht zu haben als die Interessen der direkten Anwohner, die komplett übergangen wurden.“

Bürgerverein: Senioren sollten nicht den schwarzen Peter zugeschoben bekommen Klaus Eisele, Vorsitzender des Bürgervereins Killesberg, meldete sich nach Veröffentlichung des Briefes bei unserer Zeitung. Er fürchtet, dass die Anwohner nun den Senioren, deren Protest berechtigt war, den schwarzen Peter zu schieben und sagt: „Die Senioren wollen nicht, dass ihr Heim abgerissen wird. Und das Gutachten, mit dem der Abriss begründet wird, ist getürkt und wurde nie überprüft.“

Da die Stadt bis zum Jahr 2025 mindestens 2000 zusätzliche Pflegeplätze brauche, dürfe die Stadt das Potenzial, dass sich mit dem neuen Quartier am Killesberg böte, nicht ungenutzt lassen, argumentierte Wölfle in der Sitzung und versprach, dass man dem höheren Verkehrsaufkommen mit einem Konzept begegnen werde.

Investor des neuen Projekts ist das Siedlungswerk. Die Bezirksbeiräte interessierte vor allem, was aus den Mietverträgen der Bewohner des Hauses am Killesberg wird. Die sollen laut Matthias Schroff vom DRK-Kreisverband in der bisherigen Form bestehen bleiben. Außerdem versicherte er, dass das DRK als Generalmieter für die Pflegewohnungen verantwortlich bleibt: „Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenz: die Pflege.“

Da in der Sitzung von Pflegewohnungen und Pflegeplätzen die Rede war, wollte das Gremium auch wissen, worin der Unterschied besteht. Schroff: „Zwischen beidem sind die Grenzen fließend. Wir wollen beide Bereiche kombinieren und mit einem 24-Stunden Pflegedienst einen extremhohen Versorgungsgrad bieten.“ Da derzeit nur noch 24 von 68 Appartements im Seniorenzentrum belegt sind und vermutlich vor und während der Bauphase keine neuen Bewohner einziehen werden, sollen die Wohnungen zwischengenutzt werden: „Von Personen, die zu den Bewohnern passen.“ Schroff denkt an Pfleger, Krankenschwestern, Erzieherinnen und Erzieher.