Der Abschnitt der Eisenbahn-Neubaustrecke auf der Schwäbischen Alb liegt gut im Plan, womöglich fahren Züge doch schon 2021. Dafür gibt es erste vage Anzeichen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart/Ulm -

 

Rollen doch schon im Jahr 2021 Züge zumindest auf einem kurzen Alb-Abschnitt der neuen Strecke zwischen Stuttgart und Ulm? Dafür gibt es erste vage Anzeichen. Zwar brauchen die Arbeiten an der neuen Bahnstrecke zwischen Wendlingen (Kreis Esslingen) und Ulm noch rund vier Jahre – doch das gilt nur für die komplette Strecke.

Hinter den Kulissen wird bereits heute intensiv an einem möglichen Fahrplan auf dem knapp 60 Kilometer langen Schienenstrang zwischen Neckar- und Donautal getüftelt. Das Problem, mit dem sich die eigens eingerichtete Arbeitsgruppe zu beschäftigen hat: der Termin für die Inbetriebnahme der Neubaustrecke (NBS) liegt drei Jahre vor dem des neuen Bahnknotens in der Landeshauptstadt, der bei Stuttgart 21 entsteht. Für diese Übergangszeit muss ein Interimsfahrplan ausgearbeitet werden. Der soll zum einen sicherstellen, dass die vollendete NBS auch genutzt wird. Gleichzeitig darf zum anderen der übrige Zugverkehr, der wegen der Verzögerungen bei S 21 länger als geplant auf den bisherigen Gleisen unterwegs ist, nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.

Fragen im Bundestag

Das gilt für das stark ausgelastete Schienennetz in der Region Stuttgart. Am entgegengesetzten Ende der Neubaustrecke bei Ulm ergibt sich eine gänzlich andere Lage. Ein Umstand, der auch Bundespolitiker auf den Plan gerufen hat. Das zeigte sich jüngst bei einer Diskussion im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, bei der es nach dem Willen der Linken eigentlich um einen „Ausstieg und Umstieg bei dem Bahnprojekt Stuttgart 21“ hätte gehen sollen. Doch der Grüne Matthias Gastel aus Filderstadt (Kreis Esslingen), bahnpolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion, nutzte die Anhörung unter anderem in eine ganze andere Richtung. „Der Abschnitt Merklingen-Ulm soll noch einmal früher fertig werden als der Rest der Neubaustrecke“, stellte Gastel in Berlin unwidersprochen fest und schloss die Frage an: „Wie steht denn die Deutsche Bahn AG zu einer vorzeitigen Inbetriebnahme der Strecke Merklingen-Ulm?“

Manfred Leger, Chef der Bahnprojektgesellschaft Stuttgart-Ulm und einziger in das Gremium geladene DB-Vertreter, lies es bei dem Hinweis bewenden „Ende des Jahres werden wir die Hälfte der Neubaustrecke von Ulm kommend im Rohbau fertig haben und mit der Bahntechnik beginnen“. Das bedeutet: Die Gleisbauer rücken an und verwandeln Trasse, Dämme, Einschnitte, Brücken und Tunnel in eine tatsächliche Bahnstrecke. Hinter vorgehaltener Hand ist bei Bahnexperten zu hören, dass sich der Abschnitt auf der Alb bis hinunter nach Ulm nach wie vor im Rahmen jenes Terminplans bewege, der einer ursprünglich anvisierten Inbetriebnahme im Jahr 2021 zugrunde gelegt war.

Zwischen dem im Bau befindlichen Regionalbahnhof Merklingen an der Neubaustrecke und dem Hauptbahnhof Ulm liegen keine 25 Kilometer. Der Halt auf der Laichinger Alb gehörte ursprünglich nicht zu dem Vorhaben, wurde aber von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nachdrücklich unterstützt. Wenige Tage nach der Diskussion in Berlin kündigte das Land denn auch die Ausschreibung der Nahverkehrsleistungen auf der Neubaustrecke für den Sommer 2019 an. Bahnunternehmen können dann ihr Interesse bekunden, den hoch subventionierten Regionalverkehr zu fahren. „Die Betriebsaufnahme erfolgt voraussichtlich zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022“, heißt es in dem Papier. Auf Nachfrage erklärt Edgar Neumann, Sprecher des federführenden Landesverkehrsministeriums: „Angestrebt wird von Seiten des Landes für den Nahverkehr zumindest ein Stundentakt Ulm–Merklingen und möglichst viele Durchbindungen nach Stuttgart oder zumindest nach Plochingen“. Den Umfang des Auftrages beziffert das Land auf „voraussichtlich rund 600 000 Zugkilometer pro Jahr“. Die 90 Kilometer zwischen dem Stuttgarter und dem Ulmer Hauptbahnhof via der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm zugrunde gelegt, spräche das für je neun tägliche Züge in beide Richtungen an jedem Tag eines Jahres.

Land will Stundentakt zwischen Merklingen und Ulm

Befürchtungen aus den Kommunen entlang der bisherigen Strecke durch das Filstal, die schnellen Züge über die Alb könnten zu ihren Lasten gehen, zerstreut der Ministeriumssprecher: „Einsparungen an anderer Stelle sind landesseitig nicht vorgesehen, die Verkehre im Filstal sind über den Dezember 2022 hinaus bestellt.“

Zurückhaltung bei der Bahn

Bei der Deutschen Bahn AG gibt man sich derweil zugeknöpft und verweist auf laufende Untersuchungen. Es sei lediglich „absehbar, dass der Interimsfahrplan der Neubaustrecke Auswirkungen auf den Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg und Bayern haben wird. Diese werden aktuell detailliert analysiert und im Dialog mit den Aufgabenträgern für die S-Bahn und den Nahverkehr in Baden-Württemberg und Bayern ausführlich erörtert und abgestimmt.“ Im Sommer 2019 sollen die Ergebnisse vorliegen.