Spezielle Gesänge haben Frankfurter Forscher in Indonesien auf die Spur einer neuen Zwergaffenart geführt.

Stuttgart - Sie sind richtig süß, die Koboldmakis: Mit ihren riesigen Augen und den großen Ohren kommen sie dem typischen Kindchenschema oder Kuscheltierimage recht nahe. Bisher kannten die Zoologen neun Arten dieser nur zwölf Zentimeter großen Zwergaffen –der kleinsten Primaten Asiens. Nun hat ein internationales Forscherteam um Stefan Merker von der Goethe-Universität Frankfurt auf der indonesischen Insel Sulawesi eine zehnte Art der Tarsier – so heißen die Tiere zoologisch korrekter – identifiziert.

Getauft wurde sie auf den Namen Tarsius wallacei, zu Ehren von Alfred Russel Wallace. Dieser britische Naturforscher hatte im 19. Jahrhundert zeitgleich mit Charles Darwin das Prinzip der Evolution durch Selektion erkannt. Evolutionsmäßig gesehen sind die Koboldmakis seit langem eine selbstständige Affenfamilie: Vor rund 60 Millionen Jahren sollen sich ihre Vorfahren von den anderen, noch heute lebenden Primatengruppen getrennt haben.

"Charakteristische Duettgesänge"


Auf die Spur gekommen sind die Forscher der neuen Art bereits im Jahr 2006 während eines Forschungsaufenthaltes auf Sulawesi. Damals fiel Stefan Merker der andersartige Gesang eines Familienclans auf. Wenn sich die nachtaktiven Insektenjäger frühmorgens auf ihre Schlafbäume zurückziehen, unterhalten sie sich nämlich in "charakteristischen Duettgesängen", wie die Forscher berichten.

Daraufhin wurden 15 dieser Koboldmakis gefangen und genetisch untersucht. Genanalyse, unterschiedlicher Gesang sowie besondere körperliche Merkmale führten die Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass es sich um eine neue Art handeln muss. Diese lebt in zwei räumlich getrennten Gruppen auf Sulawesi, die wegen der dazwischen liegenden Provinzhauptstadt Palu aber keinen Kontakt zueinander haben. Wobei erste Analysen dafür sprechen, dass die räumliche Trennung schon vor einigen Zehntausend Jahren stattgefunden haben könnte.

Dem neuen Mitglied der Koboldmaki-Familie geht es leider wie so vielen anderen neu entdeckten Arten: Tarsius wallacei könnte bald als gefährdet gelten. Denn er ist stark von der Zerstörung seines Lebensraums, des Regenwalds, betroffen. Schätzungen zufolge muss sich die kleinere der beiden Gruppen mit höchstens 50 Quadratkilometer Wald begnügen – und auch diese Fläche schrumpft durch die menschliche Nutzung zunehmend.