Seit Oktober können Verträge auch online oder per SMS gekündigt werden. App-Entwickler wittern darin ein Geschäft. Mit einer Kündigungs-App will jetzt auch ein Backnanger den Markt erobern. Aber wie sinnvoll und sicher ist das überhaupt?

Stuttgart - Egal ob Zeitschriftenabo, Handyvertrag oder Fitness-Studio – bei vielen Menschen türmen sich über die Jahre etliche Verträge und Abonnements an. Schnell verlieren Verbraucher die Übersicht und verschwitzen dabei wichtige Kündigungsfristen. Der selbstständige App-Entwickler Matthias Emmert aus Backnang will hier Abhilfe schaffen – er hat eine Anwendung entworfen, die Verbrauchern beim Kündigen helfen soll. Emmert trifft damit einen Nerv – doch beim Kündigen per Wisch auf dem Display sollte man aufmerksam bleiben, warnt der Verbraucherschutz.

 

Erst seit kurzem sind Kündigungen von Laufzeitverträgen auch online und per SMS gültig. Möglich macht das eine Gesetzesänderung, die seit vergangenem Oktober in Kraft ist. Die Regelung gilt jedoch nur für Verträge, die ab Oktober abgeschlossen wurden. Mit seiner App ist Emmert nicht alleine, auch andere Anbieter haben diese Marktlücke entdeckt. Der Marktführer Aboalarm bietet ebenfalls schnelle Online-Kündigungen und vorgefertigte Schreiben an.

Mit seiner Webseite kuendigung.org hat Emmert bereits Ende 2015 damit begonnnen, den Verbrauchern beim Kündigen unter die Arme zu greifen, indem er seinen Nutzern vorgefertigte Kündigungsvorlagen anbot. Durch die neue Rechtslage konnte er sein Angebot nun erweitern. Seine App soll dem Verbraucher Hilfe zur Selbsthilfe bieten.

Und so funktioniert das Ganze: Aus über hunderten von Kündigungsvorlagen, die gemeinsam mit einem Juristen erstellt wurden, kann der Nutzer seine individuelle Kündigung verfassen. Wer sich den Aufwand und den Gang zur Post sparen möchte, kann schließlich ein Einschreiben über die App oder die Homepage gegen eine Gebühr in Auftrag geben.

„Nicht gekündigt, weil es zu umständlich ist“

„Ein Vertrag oder ein Abonnement ist schnell abgeschlossen. Doch gerade im Kleingedruckten der Verträge verstecken sich eine Reihe von unterschiedlichen Frist-Enden und Terminen“, sagt Emmert, der sich mit dem Angebot selbstständig gemacht hat. Oft genug werde ein längst nicht mehr genutzter Vertrag nur deshalb nicht gekündigt, weil es zu umständlich sei.

Seit zwei Wochen ist Emmerts App verfügbar. Bislang haben sich nach seinen Angaben mehr als 5000 Menschen das Online-Angebot auf ihr Smartphone heruntergeladen. Hunderte öffneten die App täglich, um Verträge und Abos zu kündigen.

Der Einschreibenservice sei ein Alleinstellungsmerkmal von kuendigung.org, das die App Emmert zufolge von der Konkurrenz abhebt. „Wir haben festgestellt, dass viele Nutzer gerne ein bisschen mehr Sicherheit haben und sich für das Einschreiben entscheiden“, sagt Emmert. Beim Einschreiben müsse ein Empfangsberechtigter den Eingang der Kündigung quittieren. Diese Quittierung könne im Zweifel bei Streitigkeiten als Kündigungsnachweis verwendet werden.

Verbraucherschutz mahnt sorgfältigen Umgang mit Daten an

Dunja Richter von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt, dass es bislang kein erhöhtes Aufkommen an Verbraucherbeschwerden zu derartigen Kündigungs-Apps gegeben habe. Dennoch sollten die Nutzer aufmerksam bleiben: „Grundsätzlich können solche Apps zwar dabei helfen, die Kosten und Verträge im Überblick zu behalten, jedoch sollte man sich bewusst sein, dass man dem Anbieter gegenüber sehr viel von sich und seinem Konsumverhalten preisgibt.“

Die Rechtslage

Doch auch elektronische Kündigungen können für den Verbraucher kompliziert werden. So muss der Nutzer nach wie vor beweisen können, dass seine Kündigung das Unternehmen erreicht hat. Während es beim Brief das Einschreiben gibt, benötigt der Online-User bei der E-Mail eine Lesebestätigung – und diese wiederum liegt in den Händen des Unternehmens. Mietverträge und Arbeitsverträge hingegen können weiterhin nur mit eigener Unterschrift gekündigt werden.