Mit den „Jungen Ärzten“, einem Ableger von „In aller Freundschaft“, soll mit einer Arztreihe dem maroden ARD-Vorabendprogramm neues Leben eingehaucht werden.

Erfurt - Die ARD freut sich über ein „einmaliges und ehrgeiziges Vorhaben“, aber für Serienkenner ist ein „Spin-off“, bei dem eine Nebenfigur Protagonist einer eigenen Serie wird, dank diverser US-Vorbilder natürlich ein alter Hut. Immerhin, die Idee hat was: Niklas Ahrend (Roy Peter Link), im Dienstagsdauerbrenner „In aller Freundschaft“ (seit 1998) Facharzt für Chirurgie und Gynäkologie, verlässt die Leipziger Sachsenklinik und wird für zunächst 42 Folgen Oberarzt am Erfurter Johannes-Thal-Klinikum. Da der Ableger den Titelzusatz „Die jungen Ärzte“ trägt, wird dem selbst noch vergleichsweise jungen Oberarzt gleich auch noch die Ausbildung von fünf Assistenzärzten übertragen.

 

Eine weitere Aufgabe könnte sich als größere Last entpuppen: Seit Jahren schon ist der Vorabend im Ersten eine Baustelle. Die ARD hat zwar eine Menge Geld in diverse Krimikomödien investiert („Heiter bis tödlich“), aber genutzt hat es alles nichts. Der attraktive Arzt ist also auch ein Hoffnungsträger. Mit Hilfe des populären Markennamens soll der Erfolg transferiert und sollen möglichst viele der regelmäßig rund sechs Millionen Fans der Serie in den Vorabend gelockt werden. Das könnte sogar funktionieren. „In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte“ ist zwar handwerklich zum Teil deutlich dürftiger als viele der anderen Vorabendproduktionen, die das Erste seit dem Start von „Heiter bis tödlich“ im Jahr 2011 gezeigt hat, aber im Grunde gilt das für „In aller Freundschaft“ ebenfalls; außerdem sind die Parallelen zu den täglichen RTL-Serien umso größer.

Ist man kein Soap-Fan, wirkt allerdings gerade die erste Folge zunächst mal abschreckend. Die Figuren sind klischeehaft, die Räumlichkeiten sehen nach Kulisse aus, die Musik klingt beliebig, die Inszenierung ist einfallslos, die Dialoge stammen wahlweise aus schlechten Arztromanen oder aus Glückskeksen („Das Leben ist voller Überraschungen“) und funktionieren immer wieder nach dem „Wie Sie wissen“-Prinzip, weil sie nicht dem Gegenüber, sondern dem Publikum gelten. Bruder und Schwester müssen sich zudem mit „kleiner Bruder“ oder „Schwesterchen“ anreden, um über ihren Verwandtschaftsstatus zu informieren.

Wenn die ausnahmslos wohlgeratenen Darsteller nichts zu tun haben, stehen sie in der Gegend herum wie bestellt und nicht abgeholt. Gemessen an der gelassenen Souveränität der alten Hasen im Ensemble (Robert Giggenbach, Horst Günter Marx, Marijam Agischewa) ist der Nachwuchs (unter anderem Paula Schramm) ohnehin oft nicht überzeugend. Die jungen Schauspieler vermitteln zudem nicht immer glaubwürdig, sie wüssten, wovon sie reden, wenn sie mit medizinischem Fachvokabular hantieren; das gilt auch für den Hauptdarsteller, der dafür in kurzärmeliger Berufskleidung seinen imposanten Bizeps vorführen darf. Einzig Stefan Ruppe und Katharina Nesytowa bringen jene Ausstrahlung mit, die nötig ist, damit man neugierig auf eine Figur wird. Immerhin ist das dramaturgische Muster interessant: Jeder Handlungsbogen hat eine zweite Ebene, die die Dramatik der Ereignisse nochmals zuspitzt. Davon abgesehen ist die Serie erstaunlich unblutig, obwohl viele Szenen in der Notaufnahme spielen. Allem Stress zum Trotz ist auch nie eine Schweißperle zu sehen; geweint wird dagegen öfter.