Teheran und Washington steuern im Atomstreit auf Kollisionskurs. Der iranische Regimechef Khamenei will keine Gespräche mit den USA.

Ajatollah Ali Chamenei, Regierungschef in Teheran, geißelt die Idee, mit den Amerikanern zu verhandeln. Er hält das für „weder klug noch weise oder ehrenhaft“. Chamenei fährt damit seinem Präsidenten Massud Peseschkian in die Parade, der sich um neue Gespräche mit den USA über das iranische Atomprogramm und den Abbau westlicher Sanktionen bemüht.

 

US-Präsident Donald Trump hatte dem Iran in den vergangenen Tagen neue Verhandlungen angeboten und zugleich neue Sanktionen gegen Teheran erlassen. Bisher konnte sich Peseschkian auf Chameneis Unterstützung berufen – jetzt werden Gegner einer Annäherung an den Westen im iranischen Regime gestärkt.

Irans Wirtschaft leidet unter Sanktionen

Chamenei hatte Peseschkian im vorigen Sommer zu Gesprächen mit dem Westen ermuntert. Nun distanzierte er sich bei einer Rede vor Offizieren der Luftwaffe von dem Plan. Damit zeigte er, dass er nicht an einen Erfolg von Peseschkians Initiative glaubt. Der 85-jährige Revolutionsführer Chamenei, der bei allen wichtigen Entscheidungen im Iran das letzte Wort hat, ist bekannt dafür, politische Erfolge für sich zu beanspruchen und die Verantwortung für Misserfolge auf andere Politiker abzuwälzen.

Die Rückendeckung durch Chamenei war für Peseschkian, der die iranische Wirtschaft durch einen Abbau der westlichen Sanktionen aus der Dauerkrise führen will, innenpolitisch wichtig. Mitglieder seiner Regierung hatten sich noch in den vergangenen Tagen mit Blick auf die USA sehr versöhnlich geäußert. Wenn es Amerika nur darum gehe, den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern, sei das kein Problem, sagte Außenminister Abbas Araghchi.

Neue Hinweise für Bau einer Atombombe?

Der Westen will, dass sich der Iran zu einer ausschließlich friedlichen Nutzung der Atomkraft und zu strengen internationalen Kontrollen verpflichtet. Im Gegenzug sollen Sanktionen gelockert werden. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit ein Atomabkommen mit Teheran aufgekündigt und will nun erneut verhandeln. Trotzdem erließ er neue Sanktionen, die iranische Ölexporte nach China drosseln sollen. Damit will er Teheran zu Zugeständnissen zwingen.

Chamenei wertete Trumps Verhalten als Beleg dafür, dass Gespräche mit dem Westen keinen Sinn hätten. Sein Land könne seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten allein bewältigen. Der Iran steht nach den Niederlagen von Hamas und Hisbollah in den Kriegen gegen Israel und dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad außenpolitisch jedoch so schwach da wie seit Jahren nicht mehr. Eine Konfrontation mit den USA kann sich das Land nicht leisten.

Nach Chameneis Distanzierung dürfte Peseschkian deshalb zumindest vorerst weiter eine Einigung mit dem Westen anstreben. US-Geheimdienste vermuten aber dem Vernehmen nach, dass mächtige Gruppen im iranischen Regime bereits damit begonnen haben, Peseschkians Kurs zu durchkreuzen. Die Dienste haben nach einem Bericht der „New York Times“ neue Hinweise darauf, dass Wissenschaftler im Iran daran arbeiten, die Entwicklung einer Atombombe zu beschleunigen.