Auch Frauen aus dem Strohgäu haben sich für den Pietismus stark gemacht, wie die neue Ausstellung im Heimatmuseum Münchingen zeigt. Zum Beispiel die Pfarrfrau Beate Paulus.

Korntal-Münchingen - Mit einem Auszug aus Martin Luthers 95 Thesen beginnen die Besucher im Heimatmuseum im Stadtteil Münchingen von Korntal-Münchingen ihre Reise durch die Reformation und den Pietismus. „Der Papst will und kann keine Strafen erlassen“, lautet zum Beispiel die These Nummer fünf. Dass die katholische Kirche mit dem Verkauf von Ablassbriefen, die den Nachlass der Sündenstrafen ermöglichten, ein erträgliches Geschäft machte, geradezu finanziellen Missbrauch betrieb, stieß dem Reformator Martin Luther sauer auf. „Die 95 Thesen sind vor 500 Jahren der Auftakt der Reformation“, sagt Sabine Rathgeb. Daher und auch, weil nicht alle wüssten, was hinter den Thesen stecke, habe die Leiterin des Heimatmuseums beschlossen, so die neue Ausstellung einzuführen.

 

„Frauen der Reformation und des Pietismus“ heißt die Schau, die von diesem Freitag an zu sehen ist. Sie informiert über die Reformation sowie die „mutigen und engagierten“ Frauen in diesem Zeitalter und stellt zwölf von ihnen vor. Allen voran steht Katharina von Bora. Sie verließ im Alter von 24 Jahren das Kloster, zwei Jahre später heiratete sie Martin Luther. Die „resolute Frau“, wie Sabine Rathgeb sie nennt, war sehr geschäftstüchtig: Sie kümmerte sich um die Ländereien, betrieb Viehzucht, braute Bier, versorgte Luther, seine Studenten und Gäste und führte ein Hospiz, nachdem die Pest ausgebrochen war.

Wanderausstellung verzeichnet großen Erfolg

Dieser Teil der Ausstellung ist die Wanderausstellung der Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland. Sie zeigt seit 2012 „die weibliche Seite der Reformation“ und war zuvor in Berlin. Nach ihrem Halt in Korntal-Münchingen zieht sie weiter nach Chemnitz. „Mit dem großen Erfolg hat keiner gerechnet“, sagt Sabine Rathgeb, die zur Schau einen eigenen Teil beiträgt: den lokalen Bezug.

Die Besucher erfahren von „Münchingen im Zeitalter der Reformation“ und lernen Pietistinnen wie Beate Paulus kennen. Die Tochter des Kornwestheimer Pfarrers Philipp Matthäus Hahn lebte den Großteil ihrer Kindheit beim Großvater, dem Münchinger Pfarrer Johann Friedrich Flattich. Unter anderem hielt sie Bibelstunden für Frauen ab und unterstützte ihren Vater bei der Veröffentlichung seiner theologischen Schriften. 1832 zog sie nach Korntal. Dort hatten die Brüder Paulus eine christliche Schule gegründet.

„Unheimlich spannende Zeit“

Sabine Rathgeb erklärt, warum sie die Schau ins Strohgäu geholt hat, so: „Die Reformation ist eine unheimlich spannende Zeit, eine Zeit des Umbruchs.“ Jene Zeit wolle sie den Bürgern ins Bewusstsein rufen, zumal nur wenige Ausstellungen zum Thema den Schwerpunkt auf Frauen und ihr Wirken setzten. Bei ihren Recherchen für den lokalen Bezug sei Sabine Rathgeb „überrascht“ gewesen, welche Rolle Korntal-Münchingen in der Reformation gespielt habe. Sie stieß etwa auf ein Fürschreiben von 1549 wegen des Münchinger Pfarrers Abraham Bronfels. Dieser solle, bittet der Pfalzgraf Ottheinrich den Herzog Ulrich von Württemberg, wieder Einkünfte erhalten. Bronfels hatte zuvor sein Predigeramt an der Johanneskirche verloren.