Der Künstler Hardy Langer hat das Schrebergarten-Ensemble des verstorbenen Vaclav Hala abgebaut und in der Q-Galerie Schorndorf wieder aufgestellt – weil es solche kreativen und selbst gezimmerten Hütten kaum mehr gibt.

Schorndorf - Als das Wort Upcycling noch nicht erfunden war, hat sich Vaclav Hala aus Brettern, aus Wellblech, aus Stangen, Gittern und ausrangierten Fenstern eine Hütte für seinen Schrebergarten an der Rems gebaut. Jeden Tag kümmerte sich der gebürtige Tscheche um Tomaten und Blumen, und jeden Tag bastelte der gelernte Konstrukteur an seiner Anlage, baute hinzu, funktionierte um und fand für jedes Drähtchen einen neuen Platz.

 

Das Ensemble, Vaclav Halas großes Glück, ist derzeit unter diesem Titel in der Schorndorfer Q-Galerie zu sehen. Detailgetreu hat der Künstler Hardy Langer die Schrebergartenanlage für die Ausstellung wieder aufgebaut, es ist seine bisher größte Installation. Trotz ihrer Baufälligkeit wirkt sie, als könnte ihr Besitzer gleich sein Nickerchen auf dem kleinen Sofa beenden, seine blaue Schildmütze aufsetzen und in die Gartenschuhe im Gewächshaus schlüpfen. Sogar der Teddy hängt noch am Haken und wartet auf die schon längst erwachsenen Enkelkinder.

„Das darf nicht verschwinden“: Hardy Langer haben die Hütten fasziniert

Vaclav Hala ist vor zwei Jahren gestorben. Dass sein verwunschenes Schrebergartenparadies weiterleben darf, ist einer schicksalhaften Begegnung zu verdanken. Hardy Langer war auf seinen Spaziergängen unzählige Mal an dem Garten vorbeigekommen und hatte fasziniert von der Handwerkskunst unzählige Bilder gemacht. „Und eines Tages bin ich dort zwei Frauen begegnet, die ausgeräumt haben“, erzählt Hardy Langer. Es waren die Töchter von Vaclav Hala, der zwei Tage zuvor verstorben war. Hardy Langer überredete die Töchter, ihm die Anlage zu schenken: „Ganz spontan, aus dem Gefühl heraus: Das darf nicht verschwinden“, sagt Langer, der das komplette Ensemble schließlich in monatelanger Arbeit abgebaut, dokumentiert, nummeriert und schließlich in einer Lagerhalle wieder aufgebaut hat.

In Gesprächen mit den Töchtern, aber auch bei der Arbeit an der Hütte ist Hardy Langer dem früheren Besitzer näher gekommen. „Er hatte ein sehr geregeltes Leben, war jeden Mittag in seinem Garten“, erzählt Langer. Immer mit dem Fahrrad, einen Führerschein hat Vaclav Hala nie gemacht. Das Material transportierte er auf dem Anhänger, der ebenfalls bei der Ausstellung zu sehen ist.

Vaclav Halas großes Glück: In der Ausstellung kann man dem Bastler näher kommen

Er hat sich auf den Besuch der Enkel, die in Kanada und den USA leben, gefreut, wie die „Welcome“-Schilder zeigen. Er war offensichtlich stolz darauf, einmal Werkleiter einer Gießerei gewesen zu sein – das einzige Foto in der Hütte zeigt ihn in der Mitte seiner Mitarbeiter. Und er mochte vermutlich Caro-Kaffee, dutzende Dosen dienen als Aufbewahrungsort für Schrauben, Pinsel und anderes Gerät. „Manches bleibt sein Geheimnis, wie die Herzdame-Karte oder die Tabelle in der Hütte“, sagt Hardy Langer, der das Ensemble ganz bewusst ohne Grün zeigt.

Um Ruhe hineinzubekommen, aber auch damit jeder die Chance hat, sich den passenden Garten selbst vorzustellen. Wer sich noch mehr in das Gartenidyll hineindenken möchte, kann Regengeräusche über Kopfhörer anhören. Inszeniert ist schließlich nur der Herrenhut auf dem Gartenstuhl. Bei der Anordnung der Beete musste der Künstler ein wenig von der Wirklichkeit abweichen, weil acht Meter Platz fehlen. „Und nicht alles hat den Transport überlebt“, erzählt Langer. Er hat mit dem Fotograf Stefan Mayer – von dem Bilder in der Galerie zu sehen sind – ein Buch über wilde Gärten im Remstal geschrieben und weiß: „Solche Schrebergärten gibt es fast nicht mehr.“

Bei der Finissage kann jeder ein Teil des Schrebergartens erwerben

Auch die Tage von Vaclav Halas Ensemble sind nun endgültig gezählt. Nach der Ausstellung landet das allermeiste im Container. Bei der Finissage darf sich jeder für zehn Euro etwas mitnehmen: Ein kleines Stück vom großen Glück des Vaclav Hala, der im stolzen Alter von 97 Jahren gestorben ist. Kurz vor seinem Tod war er plötzlich verschwunden. Er hatte sich noch einmal, gestützt auf das Rad, mit dem er schon lange nicht mehr fahren konnte, auf den Weg zu seinem Garten gemacht – um Lebewohl zu sagen.