Charakterporträts hier, Kraken und Katzen da: Mit Marlis Weber-Raudenbusch und Karen Bayer stellen in der Galerie 4/1 gleich zwei Mitglieder des Kunstvereins Korntal-Münchingen Werke aus.

Das Motiv des Kraken fasziniert Karen Bayer. In ihrer neuen Ausstellung „Rollenspiele“ in der Galerie 4/1, die die Künstlerin mit Marlis Weber-Raudenbusch gestaltet, dreht sich im ersten Stock alles um das Tier mit den vielen Tentakeln. Schon im Mittelalter werde es mit dem Bösen verbunden. In Science-Fiction-Romanen seien die Wesen meist Vertreter einer höheren außerirdischen Macht, die der Menschheit Übles wolle. Derlei Erzählungen inspirieren Karen Bayer zu ihren Installationen. Die 53-Jährige stellt Kraken allerdings nicht ausschließlich als bedrohliche, gar todbringende Zeitgenossen dar: Kein negatives Bild entwerfe die Arbeit mit dem Titel „Als Poseidon“. Hier trägt das Tier den griechischen Meeresgott, der eingesunken auf dem Thron sitzt.

 

Außer den Installationen aus Kleinplastiken stellt Karen Bayer großformatige Poster aus. Dahingegen zeigt Marlis Weber-Raudenbusch Malerei in Klein- bis Großformaten. Sie mag es ironisch und beschäftigt sich am liebsten mit den Themenkreisen Königsspiele, Mensch und Maske, Riesen und Zwerge sowie Friedensangebote. Die Stuttgarterin setzt in Charakterporträts um, was sie tagtäglich beobachtet: Den Menschen in seinem Umfeld, in seinen Befindlichkeiten und Beziehungen, aber auch in seiner Abhängigkeit mit seinen Stärken und Schwächen. Es sind außerdem die Gesellschaft mit ihren Machtspielen und die Komik des Alltags, auf die Marlis Weber-Raudenbusch einen Blick wirft. Sie bezeichnet sich als narrative Malerin, also als eine, die Geschichten erzählt.

Besonderes Jahr für den Kunstverein

Die zweite Ausstellung des Jahres des Kunstvereins Korntal-Münchingen wird an diesem Sonntag, 11. Mai, eröffnet. Und sollte eigentlich eine Viererausstellung werden. Ursprünglich wollten sich auch noch Kunstschaffende aus Korntal-Münchingens Partnerstädten Mirande in Frankreich und Tubize in Belgien beteiligen. Das habe sich aus organisatorischen Gründen leider zerschlagen, sagt Albrecht Lannes vom Kunstverein. Auf Marlis Weber-Raudenbusch und Karen Bayer war die Wahl gefallen, weil sie einst als Schülerinnen beim Schüleraustausch teilgenommen hatten. Weber-Raudenbusch zieht es bis heute nach Frankreich: Sie lebt zeitweise in der Gemeinde La Croix-Valmer an der Côte d’Azur.

2025 ist für den Kunstverein ein besonderes Jahr: Ihn gibt es seit Oktober 1985. Anlässlich des runden Geburtstags hat das Gründungsmitglied Peter Lorenz, ein Grafik-Designer, bereits vor zwei Jahren ein Buch über den Kunstverein herausgebracht. Im Sommer findet ein Fest für die derzeit knapp 100 Mitglieder statt. Zur Jahresausstellung im November in der Stadthalle lädt der Kunstverein dann auch die Öffentlichkeit ein. Obwohl sie keine Woche dauere, locke die Jahresausstellung immer die meisten Besucher an, berichtet Albrecht Lannes.

Neue Schau ist auch digital unterwegs

Insgesamt sei man zufrieden mit der Resonanz auf die Schauen. Lediglich der Nachwuchsmangel bereitet laut Lannes ein wenig Sorgen: Wie in vielen anderen Vereinen auch werden die Mitglieder altersbedingt weniger, während nicht genug Jüngere nachkommen.

Die aktuelle Ausstellung in der Galerie 4/1 jedenfalls ist auch digital unterwegs. Karen Bayers dreidimensionale Werke haben alle einen QR-Code. Wer sein Smartphone dranhält, ruft eine zur Plastik gehörende kurze, gezeichnete Filmsequenz auf. „Dadurch eröffnet sich eine weitere Deutungsebene der Arbeit“, erläutert Karen Bayer. Sämtliche Digitalanimationen sind zugleich auf einem Monitor in der ersten Etage zu sehen. Mehr über die Arbeiten erfahren die Besucherinnen und Besucher der Galerie außerdem in den Texten und Digitaldrucken neben den Werken. So zum Beispiel auch, was es mit der überdimensionierten Katze mit der Krone auf dem Kopf und der kleinen Frau daneben auf sich hat. Beide schauen in einen Spiegel.

Wann und wo die Kunst zu sehen ist

Die „Rollenspiele“ sind am Muttertag bei der Vernissage um 11.30 Uhr zu sehen. Die Ausstellung in der Hans-Sachs-Straße geht bis 1. Juni. Die Galerie 4/1 macht samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung auf.