In der neuen Ausstellung wird im Münchinger Heimatmuseum erzählt, was die kalte Jahreszeit früher ausgemacht hat. Von Brechelskindern ist die Rede und von Nachtwächtern, die mit Geld vom Singen abgehalten wurden.

Korntal-Münchingen - Friedrich Schmid und Michael Eck müssen grauenvoll schlecht gesungen haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Münchinger Magistrat zur Jahreswende den beiden Nachtwächtern je vier Gulden bezahlte, damit „die Ohren der hiesigen Inwohner durch den Neujahrs Gesang in diesem Jahr nicht beleidigt werden“. Vier Gulden waren viel Geld, es entsprach etwa ein Zehntel des Jahresgehalts einer Waschmagd am Ludwigsburger Hof. Bevor es üblich wurde, das neue Jahr mit Böllerschüssen einzuläuten, gab es in Münchingen den Brauch, dass die Nachtwächter das neue Jahr mit ihrem Gesang begrüßten. Das geschah nicht immer zur Begeisterung der Dorfbewohner, wie aus der Bürgermeisterrechnung zum Jahreswechsel 1801/1802 hervorgeht.

 

Auch diese Rechnung ist im Münchinger Heimatmuseum nun zu sehen. Sie ist ein Exponat in der Ausstellung „Von der Kunst nicht zu frieren“. Der Untertitel lautet „Winter im Dorf“, er umreißt, worum es in der Ausstellung vor allem geht: um das dörfliche Leben in der kalten Jahreszeit. Vom Haltbarmachen der Lebensmittel ist die Rede, von der wärmenden Bekleidung, die Mann und Frau getragen haben, auch von den Möglichkeiten, mit Licht und Heizung sparsam umzugehen. So trafen sich die Frauen reihum bei einer anderen Frau. In ihrer Stube brannte dann Licht, es war die „Lichterstube“. Dass sich dort die Mädchen und Frauen zur Flachsverarbeitung trafen, blieb den jungen Burschen nicht verborgen. Kinder, die ein Dreivierteljahr später unehelich zur Welt kamen, wurden deshalb Brechelskinder genannt: Getrockneter Flachs wurde gebrechelt, um so die Fasern zu gewinnen.

Schlittschuhlaufen auf dem Feuersee

Die Museumsleiterin Sabine Rathgeb erzählt zudem vom Schlittschuhlaufen auf dem Feuersee. Schlitten fuhren sie im Schwieberdinger Tal, erinnert sich Ewald Gaukel. Der 77-Jährige hat sich immer wieder mit der Münchinger Historie befasst. Nun hat er die Ausstellung mit seinem Wissen um die Waschbärenzucht bereichert. Für die Kinder in den 1930er und 1940er Jahren seien die Waschbären von Gaukels Eltern eine Attraktion gewesen, wird im Museum erzählt. Die Schmale Straße war deshalb ein Anziehungspunkt und Umwege wert. Die Tiere waren zu jener Zeit in großen Stallungen im Hof von Adolf und Hilde Gaukel untergebracht. Für das Ehepaar war der Verkauf der Felle über viele Jahre hinweg ein Nebenverdienst. Sie waren damit nicht allein. Wie es auf einer Informationstafel im Museum heißt, gab es im Jahr 1934 deutschlandweit 228 Waschbärenzuchtbetriebe mit insgesamt 1583 Tieren. Im heutigen Korntal-Münchingen gab es zwei, neben Gaukels züchtete die Familie Luprecht aus Kallenberg.

Vierbeinige Attraktion

Familie Gaukel besaß im Schnitt zehn der possierlichen Tierchen. Wenn diese zwei, drei Jahre alt waren, wurden sie von einem Jäger getötet; ihre Felle wurden dann an einen Gerber in Esslingen verkauft und verarbeitet zu Mänteln, Umhängen und Pelzmützen. Ende der 1940er Jahre, zur Zeit der Währungsreform, gab die Familie Gaukel dann aber die Wachbärenzucht auf.