Die S-Bahn-Fahrgäste erinnern sich noch im Grausen an die Situation in den Sommerferien, als zahlreiche Baustellen den S-Bahnverkehr massiv beeinträchtigten. Doch dies droht nun wieder: In gut drei Jahren muss eine Eisenbahnüberführung am Feuerbacher Bahnhof erneuert werden.

Stuttgart - Die massiven Probleme, die in diesem Jahr die S-21-Arbeiten an der Tunnelrampe im Hauptbahnhof im S-Bahnverkehr verursachten, haben die Regionalräte hellhörig gemacht. In drei Jahren steht nämlich ein ähnlicher Engpass am Feuerbacher Bahnhof bevor. Deshalb wollen die Regionalpolitiker im Vorfeld eindeutige Zusagen der Bahn, das der S-Bahnverkehr so wenig wie möglich behindert wird, wenn vom April 2023 bis mindestens Juni 2024 die Eisenbahnüberführung an der Borsigstraße erneuert wird. Denn über die Brücke fährt mit den Linien 4, 5, und 6/60 die Hälfte aller S-Bahnzüge in der Region. Bereits in diesem Jahr waren die Überführungen für die Ferngleise im Zuge von S 21 erneuert worden.

 

Große Versprechen, triste Realität

Manch ein Regionalrat erinnert sich noch gut an den Auftritt von Florian Bitzer vor knapp zwei Jahren. Der Ingenieur in Diensten der DB-Projekt-GmbH für das S-21-Schienenprojekt Stuttgart-Ulm referierte über die Arbeiten an der Rampe im Hauptbahnhof, auf der die S-Bahnen in die unterirdische Stammstrecke eintauchen. Schon damals hatten die Regionalräte darauf hingewiesen, dass Störungen im S-Bahnbetrieb unbedingt vermieden werden müssten. Bitzer sagte dies zu und versicherte, man habe alles bestens vorbereiten.

Und was passierte? Am Jahresanfang war die S-Bahnrampe an rund einem Dutzend Wochenenden total gesperrt, die Fahrgäste mussten längere Fahrtzeiten und zeitraubende Umsteigewege im Hauptbahnhof in Kauf nehmen. Weil die Arbeiten nicht wie geplant in dieser Zeit erledigt wurden, gab es in den Sommerferien in Kombination mit anderen Schienenbaustellen eine Fortsetzung – mit noch größeren Folgen: Tageweise fuhr die S-Bahn nur noch im Halbstundentakt, Züge fielen aus und verspäteten sich.

Brücke nur bis 2023 standsicher

Dies im Hinterkopf bissen sich die Regionalräte im Planungsausschuss der Regionalversammlung nun an einem an sich routinemäßig abzuwickelnden Vorgang fest: der Stellungnahme zur Plangenehmigung für den Neubau der S-Bahn-Eisenbahnüberführung in Feuerbach. Die Brücke über die Borsigstraße am Bahnhof Feuerbach gilt nur noch bis Ende 2023 als standsicher, deshalb beantragt die Bahn den Neubau. Der Teil für die Ferngleise wurde bereits in diesem Jahr neu gebaut. Die Region begrüßt den Brückenneubau, weist aber darauf hin, dass künftig eine Express-S-Bahn von Weil der Stadt (später Calw) nach Feuerbach fahren soll. Dafür müsse ein Gleis elektrifiziert und ein Bahnsteig im Bahnhof verlängert werden, was berücksichtigt werden müsse.

Noch schwerer liegt den Regionalräten aber im Magen, dass die Bahn in den Planunterlagen von „Voll- und Teilsperrungen“ während verschiedener Bauphasen spricht. Zwar seien die Auswirkungen in den Planungen „nur sehr rudimentär“ dargestellt, so die Regionalverwaltung. Für die täglich 40 000 Reisenden müsse „in diesem wichtigen S-Bahnabschnitt“ bei notwendigen Sperrungen aber „ein leistungsfähiges und zuverlässiges Alternativangebot“ entwickelt werden.

So fordert der Verband, dass der S-Bahnbetrieb „nur nachts, tagsüber nur in den Ferien und an Wochenenden ohne Großveranstaltungen“ unterbrochen werden dürfe und auf das „absolute Mindestmaß“ zu beschränken sei. Alle drei S-Bahnlinien müssten im Halbstundentakt über alternative Fahrwege zum Hauptbahnhof geführt werden. Dieses Konzept müsse im Planfeststellungsbeschluss dargelegt und festgeschrieben werden. Diese Vorgaben reichten den gegenüber der Bahn misstrauischen Regionalräten aber nicht. „Nach den Erfahrungen in diesem Jahr können wir uns auf die Ankündigungen der Bahn nicht verlassen“, sagte Christoph Ozasek von Linken/Pirat. Und als offenkundig wurde, dass es von der Bahn noch keine klare Aussagen gebe, wie der S-Bahnverkehr gewährleistet werden könnte, monierte Ingrid Grischtschenko von den Grünen: „Je mehr ich höre, desto skeptischer werde ich“. Nun soll so früh wie möglich ein Vertreter der Bahn die Regionalräte detailliert informieren.

Regionalräte fordern klare Zusagen

Was von den Festlegungen in Planfeststellungsbeschlüssen zu halten ist, das weiß auch Rudolf Pfleiderer aus Weilimdorf. Nicht nur die S-21-Arbeiten im Stuttgarter Hauptbahnhof führten immer wieder zu Unterbrechungen, auch die Gleisbauarbeiten für das Projekt in Feuerbach stoppten häufig den S-Bahnverkehr, sagt er. Und das, obwohl in der Genehmigung von 2009 festgeschrieben sei, dass vier Gleise stets in Betrieb bleiben sollten und es so gut wie keine Auswirkungen auf den S-Bahnverkehr geben werde. Mittlerweile hat Pfleiderer 36 Gleisunterbrechungen allein im Feuerbacher Bahnhof aufgelistet, die in den vergangenen Jahren den S-Bahnverkehr erschwerten. So viel steht fest: Mit dem Brückenbau werden noch einige dazu kommen.