Landwirt Micha Pflüger liebt neue Projekte: Chia-Samen in Flacht. Foto: Simon Granville
Exotisches Experiment: Landwirt Micha Pflüger aus Flacht setzt auf eine ungewöhnliche Saat: Kichererbsen und trendige Chia-Samen – Superfood aus Württemberg.
Ein Feld mit blauen Blüten, als hätte sich ein Stück Provence nach Württemberg verirrt. Doch was hier am Ortsrand von Flacht wächst, ist kein Lavendel, sondern die zarte Blüte der Chia-Pflanze. Ursprünglich stammt sie aus Mexiko und Mittelamerika, gehört zur Familie der Salbeigewächse, und hat sich in den vergangenen Jahren mit ihren winzigen Samen als „Superfood“ weltweit einen Namen gemacht. Nun gedeiht sie auch auf den Äckern von Landwirt Micha Pflüger.
Reibt man die Pflanze zwischen den Handflächen, lösen sich die winzigen Samen aus der Blüte – nur wenige Millimeter groß, leicht ölig im Gefühl. „Aus den Samen wird auch häufig Chia-Öl hergestellt“, erklärt Micha Pflüger.
Superfood aus Flacht: Chia-Samen und Kichererbsen
Chia-Samen sind reich an Ballaststoffen, Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren, was sie zum sogenannten „Superfood“ macht. Der Begriff kommt aus dem Marketing und beschreibt Lebensmittel mit besonderen gesundheitlichen Vorteilen. Chia-Samen findet man etwa oftmals im Müsli, im Joghurt oder auch im Brot.
Und Chia ist nicht die einzige ungewöhnliche Saat auf dem Bauernhof der Pflügers. Seit vier Jahren wagt der Flachter Betrieb Experimente, die in der Region ungewöhnlich klingen: Neben Chia wachsen auf den Feldern auch Kichererbsen – Kulturen, die man bislang eher aus südlicheren Ländern kennt, die aber längst in deutschen Küchen angekommen sind.
Die Mutter von Micha Pflüger kam durch ein Landwirtschaftsmagazin auf die Idee, Kichererbsen und Chia selbst auf den Feldern anzupflanzen. Die Schwestern waren sofort begeistert und auch die restliche Familie konnte überzeugt werden – und so probierten es die Pflügers einfach aus.
Wenn die Blüten vertrocknet sind ist der Chia bereit für die Ernte. Foto: Simon Granville
Doch der Versuchsanbau bringt so manche Herausforderung mit sich. Beim Chia macht vor allem der weiße Gänsefuß, auch Melde genannt, den Pflanzen zu schaffen. An vielen Stellen wuchert Unkraut, auch da, wo es nicht soll. „Das ist schon eine ziemliche Zusatzbelastung“, sagt Pflüger. Da es in Deutschland noch keine zugelassenen Pflanzenschutzmittel für Chia gibt, bleibt das Unkraut zupfen mühsame Handarbeit.
Auch die Kichererbsen sind keine Selbstläufer. Sie lieben Sonne und Trockenheit, gedeihen also gerade dann, wenn andere Kulturen eventuell unter Hitze leiden. Staunässe dagegen vertragen sie nicht. Durch die wechselhafte Witterung können an einer Kichererbsenpflanze auch unterschiedliche Reifegrade gleichzeitig auftreten. Der obere Teil ist dann bereits verwelkt, während der untere noch nicht erntereif ist. Das macht es besonders schwer den richtigen Zeitpunkt für die Ernte zu finden.
Große Herausforderungen für Landwirtschaft im Klimawandel
Aber jedes Jahr lernt Micha Pflüger dazu. „In den letzten Jahren haben wir für uns eine einfache Regel erkannt: Ist der Mais schlecht, werden die Kichererbsen gut“, fasst Pflüger zusammen.
Die Chiasamen sind nur wenige Millimeter groß. Foto: Simon Granville
Aber lassen sich die Probleme nicht in den Griff bekommen? Warum kann man nicht einfach die Erkenntnisse und Pflanzenschutzmittel aus Ländern übernehmen, die bereits Erfahrung mit dem Anbau haben? „Da macht uns die EU ein Strich durch die Rechnung“, sagt Pflüger. „Manche Pflanzenschutzmittel, die beispielsweise in Indien genutzt werden, wo besonders viel Kichererbsen angebaut werden, brauchen länger bei der Zulassung oder werden bei uns gar nicht erst zugelassen.“
Ein großes Geschäft könne man mit dem Anbau nicht machen, aber sei auch nie der Plan gewesen. Micha Pflüger ist überzeugt, dass man mit der Zeit gehen und auch einmal Neues wagen muss. „Alles verändert sich, auch die Landwirtschaft. Wir sind natürlich besonders von den Veränderungen im Klima betroffen“, sagt Pflüger, „da muss man sich einfach anpassen. Außerdem sage ich immer, man braucht jedes Jahr ein neues Projekt“, sagt Pflüger mit einem Lachen. Jetzt im Herbst, zwei Wochen bevor geerntet werden soll, ist ein Großteil der blauen Blüten schon vertrocknet. Blaue Felder gibt es keine mehr. Mit 200 bis 300 Kilo Samen rechnet Pflüger dieses Jahr. Auch die Kichererbsen sind bereits eingeholt und werden getrocknet, bevor sich zum Verkauf bereit stehen.
Das Superfood aus Flacht selbst probieren
Wer das Superfood aus Flacht einmal probieren möchte, hat dazu bald Gelegenheit: Am 18. Oktober präsentiert der Bauernhof Pflüger seine Produkte auf dem Regionalmarkt Heckengäu in Weissach. Zwischen Kürbiscremesuppe, Wildwürsten und anderen regionalen Produkten können Gäste dort die Chia-Samen und die Kichererbsen vom Bauernhof Pflüger kennenlernen. Von 9 bis 16 Uhr verwandelt sich die Bahnhofsstraße 36 in Weissach in ein Schaufenster regionaler Genüsse – mit Ausstellern, Musik, Kaffee, Kuchen, Bier vom Fass und Holundersekt.