Mit kritischem Unterton kommentiert Dieter Salomon (Grüne) die umstrittene neue Beamten-Laufbahn. Das von ihm geführte Kontrollgremium winkte den Plan freilich durch.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Vom französischen Staatstheoretiker Montesquieu stammt ein Satz, der im Kampf gegen die Bürokratie oft zitiert wird. „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“ Die geplante Verordnung des Staatsministeriums für eine neue Laufbahn des höheren Dienstes für Geistes- und Sozialwissenschaftler konnte er nicht erahnen. Doch sein Rat ließe sich auch darauf münzen: „Wenn es nicht notwendig ist, eine Laufbahnverordnung zu machen ...“

 

Nicht nötig – zu diesem Befund kamen, für sich, nicht nur die beteiligten Ministerien. Etwas lauter ist das aus dem CDU-Innenressort zu vernehmen, etwas leiser aus dem Grünen-Finanzressort. Sie haben längst eigene Regeln, die ihnen Spielraum beim Verbeamten geben. Offiziell will keines der Häuser dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und seinem federführenden Staatskanzleichef Florian Stegmann in den Rücken fallen. Also erteilten sie brav ihr „Benehmen“. Weniger Zurückhaltung müssen sich die drei kommunalen Spitzenverbände auferlegen. In einer gemeinsamen Stellungnahme packten sie Kretschmann am wundesten Punkt: seinem jüngst mal wieder erwachten Ehrgeiz zum Bürokratieabbau. Ziel der ausgerufenen „Entlastungsallianz“ sei es, den Bestand an Vorschriften auszulichten. Dazu passe es schlecht, eine neue Laufbahnverordnung für ein einzelnes Ministerium zu erlassen. Besser sei es, „bestehende Regeln zu sichten und darüber neue Wege zu eröffnen“.

Normenkontrollrat winkt Vorhaben durch

Frage also an Kretschmanns Beauftragten für den Bürokratieabbau, den neuen Vorsitzenden des Normenkontrollrats (NKR): Was hält Dieter Salomon (Grüne) von den Plänen? Er habe, lässt er ausrichten, „die Diskussion aufmerksam verfolgt und teilt die Verwunderung, dass das Staatsministerium eine neue Laufbahnverordnung schaffen will“. Die Frage, ob diese wirklich nötig sei, führe aber schnell in einen „Graubereich, wo es um politische Einschätzungen geht“. Politische Ziele einer Regelung habe der Rat jedoch „nicht zu bewerten“, er solle etwa auf verständliche Vorgaben oder einen praktikablen Vollzug achten. Gemäß diesem Auftrag habe die NKR-Geschäftsstelle das Vorhaben geprüft und „keine Unzulänglichkeiten festgestellt“ – kurz: es wurde durchgewunken. Dahinter eine Versorgungsaktion für grünes Personal zu wittern, fände Salomon „illegitim und ohne Grundlage“.

Weniger Bürokratie durch neue Verordnung?

Das Staatsministerium sieht indes keinen Widerspruch zwischen der Verordnung und dem Bürokratieabbau: Anders als in den Ministerien mit eigenen Regeln sei die Verbeamtung von Geistes- oder Sozialwissenschaftlern dort bisher sehr umständlich. Mit der Verordnung entfielen komplizierte Ausnahmeregeln und deren Prüfung; zudem entstehe kein zusätzlicher Aufwand.

Also doch kein Fall für Montesquieu?