Wie werden die Corona-Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz in Baden-Württemberg umgesetzt? Der Ministerpräsident mahnt die Kommunen an.

Stuttgart - Nach der Ministerpräsidentenkonferenz sortiert die Landesregierung die Coronapolitik. Kretschmann und Strobl fordern die Kommunen in einem Brandbrief zu schärferen Kontrollen auf.

 

Was ändert sich im Land?

Die neue Coronaverordnung des Landes soll nächsten Donnerstag in Kraft treten. Das Land wird in der Alarmstufe bleiben. Die 2-G-Regel gilt dabei weiter für Kultur, Gastronomie, Freizeit und Sport. Für Ungeimpfte gelten Kontaktbeschränkungen. Sie dürfen sich allein oder als Haushalt nur mit einer weiteren Person treffen. Wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach dem Bund-Länder-Treffen ankündigte, werden die Schutzmaßnahmen erneut verschärft, denn „die vierte Coronawelle trifft uns mit brutaler Wucht“.

Erwartet wird, dass für Bereiche mit hoher Ansteckungsgefahr wie Clubs, Bars und Diskotheken 2 G plus, also eine Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene, eingeführt wird. Sie müssen neben dem Impf- oder Genesennachweis einen Schnelltest vorzeigen. Die sind jetzt wieder gratis. Bei Veranstaltungen wird es wohl Teilnehmerobergrenzen geben. In Regionen mit sehr hohen Infektionszahlen müssen Ungeimpfte mit Ausgangssperren rechnen.

Auch für jüngere Ungeimpfte soll sich von Donnerstag an einiges ändern. Die grün-schwarze Regierung plant die 2G-Regel (genesen oder geimpft) nun auch für 12- bis 17-Jährige einzuführen.

Gibt es mehr Kontrollen?

Ministerpräsident Kretschmann und Innenminister Thomas Strobl (CDU) fordern die Kommunen dazu auf, die Einhaltung der Coronaregeln schärfer zur kontrollieren. In einem Brief vom Freitag, der unserer Zeitung vorliegt, klagen sie: „Wir beobachten mit großer Sorge, dass bereits die Umsetzung grundlegender Infektionsschutzmaßnahmen völlig unzureichend erfolgt.“ Mängel gebe es bei der Zugangskontrolle, bei Hygienekonzepten, bei der Einhaltung der Maskenpflicht und der Datenverarbeitung. Sie verlangen, besonders an Orten mit erhöhtem Infektionsrisiko die Kontrollen durch die Ortspolizei „deutlich zu verstärken“ und die Sanktionsmöglichkeiten auszuschöpfen.

Wird etwa bei privaten Feiern gegen die Regeln verstoßen, drohen Bußgelder von 100 bis 1000 Euro, erklärt ein Sprecher von Innenminister Strobl. Wenn die Verstöße keine Konsequenzen nach sich ziehen, werde es „zu einem weiteren Nachlassen in der Regelbefolgung kommen“, mahnen Kretschmann und Strobl. Sie versprechen den Kommunen: „Der Polizeivollzugsdienst wird die Kontrollmaßnahmen unterstützen.“

Muss der Landtag einbezogen werden?

Die Coronaverordnung kann wie bisher die Regierung erlassen. Die vereinbarte Länderöffnungsklausel betrifft nur einen sehr engen Bereich. Erst wenn es um einen Lockdown oder um ein Konsumverbot von Alkohol im öffentlichen Raum geht, muss künftig der Landtag eingeschaltet werden, erklärte eine Sprecherin Kretschmanns. Der Regierungschef plant dennoch, am kommenden Mittwoch den Landtag in einer Sondersitzung über das Bund-Länder-Treffen und die weiteren Schritte zur Pandemiebekämpfung zu informieren.

Werden die Impfangebote besser?

Wie der Amtschef im Sozialministerium, Uwe Lahl, dem „Südkurier“ sagte, müssen im Dezember eine Million Menschen in Baden-Württemberg geimpft werden und im Januar zwei Millionen. Bis Mittwoch sollen Landkreise und kreisfreie Städte melden, ob sie noch einen Bedarf an festen, regionalen Impfstellen haben, die niedrigschwellig in Sporthallen oder Gemeindezentren sein sollen. Im Aufbau sind 75 neue mobile Impfteams. Eine Sprecherin des Sozialministeriums wies auf die Website www.dranbleiben-bw.de hin, auf der 470 Aktionen eingetragen sind, wo man sich ohne Termin impfen lassen kann.

Impfen Hausärzte auch an Samstagen gegen Covid-19?

Ministerpräsident Kretschmann hat den Vorschlag gemacht. Vereinzelt tun die Arztpraxen dies bereits, sagt Kai Sonntag von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Thomas Heyer vom Hausärzteverband weist auf die große Impfaktion der KV, des Mediverbunds und des Hausärzteverbands am Samstag, 27. November, hin. „In unserer Praxis haben sich alle Medizinischen Fachangestellten spontan zur Verfügung gestellt. In der Krise halten wir zusammen.“

Gibt es Änderungen an den Schulen?

Mit den Regeln zur Alarmstufe sieht die Landesregierung sich gut aufgestellt für die Schulen und Kitas. Ungeimpfte Lehrer, Betreuer und andere Mitarbeiter an Schulen und Kitas müssten sich schon jetzt täglich testen. 2 G gelte also bereits; deshalb machten die neuen, vom Bund verhängten Corona-Schwellenwerte keine Verschärfungen nötig, heißt es im Kultusministerium. Dass kleinere Stellschrauben nachjustiert werden, ist gleichwohl möglich.

Wahrscheinlich ist, dass ältere ungeimpfte Schüler mit dem Schülerausweis künftig in der Freizeit nicht mehr generell freien Zugang zu Restaurants, Kinos oder anderen öffentlichen Einrichtungen haben sollen. Bisher gilt das Dokument als Testnachweis auch in der Freizeit und in den Ferien und gewährt Schülern eine Ausnahme von der sonst geltenden 2-G- und der PCR-Pflicht.

Die Ausnahmen zu streichen könnte die Anreize zum Impfen stärken, so die Erwägungen in der Regierung. Das sei vertretbar, weil es seit Sommer Impfangebote und eine Empfehlung für diese Altersgruppe gebe. Aktuell stimmt Kultusministerin Theresa Schopper mit dem Sozialministerium und den Kommunen ab, wie sich Impfangebote für Kinder und ihre Eltern realisieren lassen.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Kretschmanns dramatischer Appell