Die Landesregierung will keine Umzüge an Fasnacht zulassen. Wird die fünfte Jahreszeit jetzt von Querdenkern gekapert? Das fürchtet zumindest der Narrenpräsident.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Bad Dürrheim - Die Narren im Südwesten wollen sich mit der Komplettabsage aller Umzüge durch die Landesregierung nicht abfinden. Er sei entsetzt, enttäuscht und wütend, erklärte der Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN), Roland Wehrle. Großveranstaltungen mit mehreren tausend Zuschauern seien ohnehin längst von den Zünften gestrichen worden. Aber kleine Umzüge müssten möglich sein. „Hier gibt es in vielen Dörfern wunderbare Bräuche mit 100 Zuschauern. Das ist ungefährlicher als die Fahrt im Schulbus.“

 

Bei einer Videokonferenz mit dem Innen- und dem Sozialministerium am Dienstagabend sei die Absprache noch eine ganz andere gewesen, sagte Wehrle. „Da hatte man uns Veranstaltungen unter 2G-Regelung und mit FFP2-Masken mit bis 3000 Zuschauern in Aussicht gestellt.“ Narrendörfer auf abgesperrten Plätzen mit stichprobenartigen Kontrollen müssten möglich sein. Er habe sich deshalb noch einmal an die Landesregierung gewandt. „Wir müssen ein Ventil für die Fasnacht schaffen“, forderte Wehrle. „Meine Befürchtung ist, dass sonst Querdenker die Fasnacht instrumentalisieren.“

Querdenker erhalten eine Abfuhr

Im vergangenen Jahr hatten Querdenker-Gruppen unter anderem in Konstanz versucht, närrische Spaziergänge zu initiieren. „Da haben wir uns mit einem sehr scharfen Statement dagegen gestellt“, sagte der Präsident der Narrengesellschaft Niederburg, Mario Böhler. Auch in diesem Jahr würden die rund 80 Narrenzünfte der Stadt eine Vereinnahmung der Fasnacht nicht dulden.

Für Böhler kommt das Stuttgarter Umzugsverbot nicht überraschend. Angesichts der steigenden Infektionszahlen habe der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) keine andere Wahl gehabt. Die Kritik von Wehrle sei „fast etwas überzogen“.

Irgendetwas wird es geben

Nur weil die Fasnacht zum zweiten Mal ausfalle, „verlernt ja niemand, wie man sie feiert“, sagte Böhler, der eine Popup-Fasnacht mit kleinen unangekündigten Zusammenkünften, die schnell wieder enden bevor zu viele zusammenkommen, durchaus für möglich hält. Das Sozialministerium wies darauf hin, dass für Fasnachtsveranstaltungen in Hallen und auf abgegrenzten Plätzen im Außenbereich ansonsten die gleichen Vorgaben gälten, wie für Kulturveranstaltungen oder Volksfeste.