Von der Corona-Pandemie lassen sie sich nicht bremsen: Zwei neue Bars wollen die Stuttgarter Altstadt attraktiver machen. Sie eröffnen im November in der früheren Edelweiss-Spielhalle und im bisherigen Café Jung & Sexy.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Der Blick in die Zukunft verheißt Großes: Jung und sexy soll das Viertel werden, das unter dem traditionsreichen, aber in Vergessenheit geratenen Namen Leonhardsvorstadt eine zentrale Rolle bei der Internationalen Bauausstellung 2027 spielen wird. Die Altstadt wird zum Experimentierfeld der Stadtplaner. Dank neuer Ideen soll ein neues In-Viertel entstehen, das nicht mehr vom Sexgewerbe dominiert wird.

 

Junge Wirte dachten, mit der Katharinenstraße 15 einen idealen Platz gefunden zu haben im ehemaligen Glenn’s Corner und nannten ihr Café vorausschauend Jung & Sexy. Alles fing gut an mit der Eröffnung Anfang dieses Jahres. Doch dann kam Corona. „Covid-19 hat uns den Wind aus den Segeln genommen“, erklären die Betreiber, „trotz Unterstützung unserer Gäste und der Förderung des Landes spüren wir tagtäglich die Einschränkungen.“ Der Versuch, „Fahrt aufzunehmen“, sei gescheitert, weil es bereits schwierig sei, die Fixkosten zu decken. „Schweren Herzens“ macht das Café am 31. Oktober endgültig zu. Die Nachfolge steht bereits fest.

Ehrenamtliche Helfer bedienen in der Bar

„Nennt mich verrückt in diesen absurden Zeiten“, sagt Serkan Eren von der Hilfsorganisation Stelp (Stuttgart helps). Am 21. November eröffnet er im Jung & Sexy ein Café und eine Bar, die Gewinne fließen in die Projekte seiner Organisation. Damit erfülle sich ein „alter Traum“. Da ehrenamtliche Helfer im Lokal bedienen (nur einen hauptamtlichen Geschäftsführer wird es geben) sowie Sponsoren einen Großteil der Getränke finanzieren, glaubt Serkan Eren, dass diese gastronomische Neuheit nicht das Schicksal der Vorgänger ereilt. Zu den finanziellen Unterstützern zählen der frühere VfB-Profi Timo Hildebrand und der Rapper Max Herre. Der Barname soll erst am Tag der Eröffnung verraten werden. Nur so viel sagt Serkan Eren: „Wir taufen diesen Ort nach einem Friedensaktivisten.“

Nicht nur die Rainbow-Community ist willkommen

Wenige Meter weiter startet bereits am 14. November in der früheren Edelweiss-Spielhalle an der Katharinenstraße  3 eine Bar mit dem schönen Namen Lieblingsmensch. Chrissy Mavridou (ihr Mann ist der Mono-Betreiber) und Sevcan Evcim, die in verschiedenen Bars und Clubs bereits tätig war, etwa im Rubens und KC, erklären ihr Konzept so: „Wir wissen, unsere Lieblingsmenschen lieben Gemütlichkeit, leckere Getränke, eine Portion Humor und charmanten Service – genau wie wir.“

Die beiden sind in der Queer-Szene verankert, wollen aber im ehemaligen Spielcasino unter einem Laufhaus auf etwa 80 Quadratmetern nicht nur die Rainbow-Community ansprechen. „Wir freuen uns über jeden Gast“, sagen sie, „von 12 Uhr bis zur Sperrstunde.“ Der Hausbesitzer sei ihnen bei der Pacht entgegenkommen, so dass der Schritt leichter fiel, mitten in der Pandemie aufzumachen. „Ganz blauäugig sind wir nicht“, versichern die Wirtinnen.

Bars müssen um 23 Uhr schließen, Laufhäuser haben bis 6 Uhr auf

In Kürze werden neue Schilder mit der Aufschrift Lieblingsmensch an dem denkmalgeschützten Haus angebracht. Der Schriftzug „Edelweiss“ muss bleiben. Der Zugang zum gleichnamigen Laufhaus, das in diesem Gebäude seit vielen Jahren untergebracht ist, befindet sich an der Weberstraße. Dieses Bordell bleibt weiterhin geschlossen. Nur wenige Laufhäuser haben im Leonhardsviertel aufgemacht – sie dürfen bis 6 Uhr morgens Freier empfangen, während Bars und Clubs um 23 Uhr zur Sperrstunde schließen müssen.